Politik

Transphobie bei der Polizei: Bundesregierung will Diskriminierung beenden

2. Jan. 2019
Bild: © Sebastian Rittau, CC BY 4.0
Fahrzeuge der Bundespolizei am Bahnhof Südkreuz © Sebastian Rittau (commons.wikimedia.org/wiki/User:Srittau) , CC BY 4.0

Trans* und inter* Personen werden bei der Bundespolizei systematisch diskriminiert: Nach der „Polizeidienstvorschrift 300“ (PDV 300) muss ein männlicher Bewerber bei der Bundespolizei mindestens einen „funktionierenden Hoden“ vorweisen können, um als diensttauglich anerkannt zu werden. Zudem müsse bei Bewerbern und Bewerberinnen das „Hormonsystem intakt“ sein.

Diese Form des Ausschlusses soll jetzt beendet werden. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor: demnach werde die PDV im Frühjahr überarbeitet. Der „Verlust oder ein diesem gleichzusetzender Schwund beider Hoden“ und ein „intaktes“ Hormonsystem werde dann aufgrund einer „fachlichen Neubewertung“ keine Erwähnung mehr in der Dienstvorschrift finden. Dass auch das Nichtvorhandensein einer „funktionsfähigen Gebärmutter“ – wie in einigen Medienberichten behauptet – zum Ausschluss vom Polizeidienst führe, bestätigte sich dabei nicht: Dieses Kriterium werde laut Innenministerium auch in der geltenden PDV nicht erwähnt. Wann die überarbeitete Dienstvorschrift in Kraft tritt, steht im Moment noch nicht fest. 

Auch mit Berufung auf die Berichterstattung von SIEGESSÄULE hatte die FDP gefragt, warum die Bundesregierung an den LGBTI-diskriminierenden Vorgaben in der PDV 300 festhalte. Anfang Juni hatte das Bundespolizeipräsidium gegenüber SIEGESSÄULE unter anderem erklärt, dass „Transgender“ sich „dauerhaft in hormoneller Instabilität“ befänden. In einer deutlich transphoben Sprache wurde behauptet, dass nach medizinischen Erkenntnissen die „Wahrscheinlichkeit von psychischen Störungen gegenüber dem Normalkollektiv deutlich erhöht“ sei.


Wie oft es in den letzten 10 Jahren tatsächlich vorkam, dass trans* oder inter* BewerberInnen aufgrund der PDV 300 abgelehnt wurden, sei laut Innenministerium nicht bekannt. Statistiken darüber würden weder von der Bundespolizei noch vom Bundeskriminalamt erhoben. Auch zur konkreten Handhabung der PDV 300 lägen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.

SIEGESSÄULE sind allerdings durchaus Fälle bekannt, bei denen trans* Personen mit Berufung auf die PDV 300 der Eintritt in den Polizeidienst verwehrt wurde. So liegt uns ein Schreiben der Bundespolizei aus dem Jahr 2017 vor, in dem eine angestrebte Geschlechtsangleichung als Grund für den Ausschluss vom Bewerbungverfahren angeführt ist.

Jens Brandenburg, queerpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, begrüßte die angekündigte Änderung der PDV. Er wünsche sich mehr Sensibilisierung gegenüber LGBTI-Feindlichkeit auch innerhalb der Polizei. „Polizeibeamte arbeiten ja oft eng zusammen, das heißt mit den eigenen KollegInnen braucht es da einen diskriminierungsfreien und vertrauensvollen Umgang. Aber auch im Kontakt mit den BürgerInnen kann das ein sehr sensibles Thema sein. Und auch auf Führungsebene müssen diese Probleme mehr zur Sprache gebracht werden – da ist selbst die Bundeswehr noch etwas weiter als einige Polizeibehörden.“

fs/as

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