Studie

Online-Umfrage zur dritten Option: Gesetz hinkt bestehender Vielfalt hinterher

31. Jan. 2019

Wer braucht in Deutschland eigentlich einen dritten Geschlechtseintrag? Zu dieser Frage veröffentlichte die Bundesvereinigung Trans* e. V. (BVT*) am Donnerstag eine Umfrage mit dem Thema „Dritte Option beim Geschlechtseintrag für alle?“.

Die Studie ist die in Deutschland bislang größte Online-Befragung, an der trans*, nicht-binäre oder geschlechtskritische Personen teilgenommen haben. Durchgeführt wurde sie Ende 2018. Über 1.500 Personen beteiligten sich und beantworteten einen Fragebogen, der Fragen u. a. zu den Themenkomplexen Geschlecht, Identität, sexuelle Orientierung und Rollenerwartungen umfasste. Für die Teilnahme wurde auf den Mailverteilern und Social Media-Kanälen der BVT*, TransInterQueer (TrIQ) e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) e. V. und anderen geworben.

Von allen Befragten ordneten sich 29,7% als „jenseits“ bzw. „zwischen“ männlich und weiblich ein. Über 60 Prozent bezeichnete sich als „vollkommen“ oder „überwiegend“ männlich oder weiblich – nur knapp 12 Prozent davon gab jedoch an, sich vollkommen mit dem eigenen bei Geburt zugewiesenen Geschlecht zu identifizieren. Die Ergebnisse verweisen laut BVT* damit auf „ein breites Spektrum an Geschlechtsidentitäten und Sexualitäten“.

Den Personenstand „divers“ würden 41 Prozent aller Befragten für sich selbst wählen. Ein Drittel allerdings nur dann, wenn hierfür kein medizinisches Attest und keine Begutachtung notwendig wären.

Hintergrund: laut Beschluss des Bundestages von Mitte Dezember kann die neue Option „divers“ nur von Personen genutzt werden, die mittels eines ärztlichen Attestes nachweisen können, dass bei ihnen eine „Variante der Geschlechtsentwicklung“ vorliegt. Unter diesem Begriff werden Diagnosen zusammengefasst, bei denen körperliche Kennzeichen wie Chromosomen, Keimdrüsen oder Genitalien keine „eindeutige Zuordnung zu männlich oder weiblich“ zulassen. Nicht-binäre (trans*) Personen sowie inter* Personen, die die medizinischen Kriterien nicht erfüllen, bleiben davon ausgeschlossen.

„Mit unserer Umfrage wollten wir untersuchen, wer alles noch einen dritten positiven Geschlechtseintrag braucht“, erklärt Dr. Josch Hoenes von der BVT*, der gemeinsam mit Dr. Arn Sauer und Dr. des. Tamás Jules Fütty die Studie verfasst hat. Anhand der Studienergebnisse ließe sich zeigen, dass viele Personen, die das Gesetz in seiner jetzigen Form noch ausschließt, eine „dritte Option“ für sich wählen würden. Die Bezeichnung „divers“ sollte entsprechend allen offen stehen – ohne Einschränkungen oder medizinische Gutachtenpflicht.

Daneben fragte die Studie auch nach Erfahrungen mit den verschiedenen rechtlichen Verfahren zur Vornamens- und Personenstandsänderung. So bewerteten knapp 70 Prozent derjenigen Befragten, die bereits eine Personenstandsänderung durchlaufen haben, diese als überwiegend positiv und sagten, ihr Leben sei dadurch leichter geworden. Die meisten nutzten hierfür das Verfahren nach dem geltenden „Transsexuellengesetz“ (TSG). Dessen Durchlaufen wurde aber als eher negativ beurteilt: 74,1 Prozent gaben an, dabei Dinge gegen ihren Willen in Kauf genommen zu haben.

40,2 Prozent aller Befragten berichteten außerdem von Diskriminierungserfahrungen. Als wichtigste Orte und Bereiche wurden dabei Toiletten und Umkleiden, Behörden, das Gesundheitswesen und der Arbeitsmarkt genannt.

Link zur Studie

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