Aktion

Protest auf der ITB gegen LGBTI-Verfolgung: „Die ägyptische Regierung hat unsere Botschaft erhalten“

13. März 2019
Aktion von All out © Mathias Wasik

Flagge zeigen: das taten Aktivist*innen von All Out am vergangenen Samstag auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin. Um auf die jüngsten, gegen LGBTI gerichteten Verhaftungen und Verfolgungen in Ägypten aufmerksam zu machen, rollten sie eine große Regenbogenfahne vor dem Messestand des Landes aus. Wir sprachen mit Mathias Wasik von All Out

Mathias, die Reaktionen des Messepersonals auf eure Aktion fielen ja recht heftig aus... wie war das für euch? Nachdem wir die Regenbogenfahne ausgerollt hatten, wurden wir von den Mitarbeiter*innen des ägyptischen Messestandes umringt. Sie schrien uns an, filmten uns mit ihren Smartphones und forderten uns auf, die Fotos, die wir gemacht hatten, zu löschen. Wir setzten unseren Protest anschließend vor der ägyptischen Botschaft fort. Die Mitarbeiter*innen der Botschaft versuchten uns zu ignorieren, aber die anwesenden Berliner Polizist*innen teilten uns mit, die Botschaft sei „nicht gerade erfreut“ über die Aktion. Die Fahne wird dem Botschafter Badr Abdelatty nun bald per Post zugestellt.

Der Regenbogen hat gerade im Fall Ägyptens hohen Symbolwert: Im September 2017 wurden in Kairo 75 Menschen verhaftet, nachdem bei einem Konzert eine Regenbogenfahne geschwenkt wurde. 2018 wurden mindestens 76 weitere Personen inhaftiert, weil die Behörden annahmen, sie seien LGBTI. Was kann ein Protest wie der eure da ausrichten? Wir wollten dem Thema Aufmerksamkeit geben und unseren Freund*innen in Ägypten zeigen, dass sie nicht alleine sind, und dass Tausende Menschen an sie denken. Ich denke, wir haben das erreicht. Viele Menschen haben die Aktion in den sozialen Medien wahrgenommen, die ägyptische Regierung hat unsere Botschaft erhalten. 

Wie schätzt ihr die aktuelle Lage in Ägypten ein? Äußerst kritisch. Obwohl es offiziell kein Gesetz gibt, werden LGBT*-Personen ständig bedrängt, diskriminiert und angeklagt, unter dem Vorwand gegen Moralgesetze verstoßen zu haben. Die Behörden haben neue Techniken entwickelt, um Personen zu jagen, die sie verdächtigen, LGBT* zu sein. Sie benutzen Plattformen wie Grindr und erstellen gefälschte Profile in sozialen Netzwerken, um ihre Opfer in die Falle zu locken und zu verhaften. Und viele Männer, die festgenommen werden, werden erniedrigenden „Analtests“ unterzogen – angeblich um zu „beweisen“, dass sie schwul sind. Nach der jüngsten Verhaftungswelle sahen sich viele gezwungen, das Land zu verlassen.

An eurer Kampagne sind, neben dem Aktionsbündnis gegen Homophobie e. V., auch die Alliance of Queer Egyptian Organizations (AQEO) beteiligt. Was kannst Du aus eurer Zusammenarbeit mit ägyptischen Aktivist*innen erzählen? Die Aktivist*innen, mit denen wir im Kontakt stehen, sind unglaublich mutig. Sie sind täglich dem Risiko ausgesetzt, ins Gefängnis geworfen zu werden. Sie kämpfen unentwegt und versuchen sich gegenseitig, so gut es geht, zu helfen. Wir gehen im Austausch mit den Aktivist*innen besondere Sicherheitsmaßnahmen ein und behandeln viele Informationen vertraulich.

Wie kann man nun weiter unterstützen? Vor dem nächsten Ägyptenurlaub ganz gezielt die Reiseveranstaltenden auf die Verhaftungen ansprechen, und sie bitten, zur Sicherheit von LGBT*-Personen klar Stellung zu nehmen. Und natürlich: uns per E-Mail oder in den sozialen Medien folgen. Denn wir werden ganz sicher dafür sorgen, dass das Thema nicht von der Bildfläche verschwindet, bis die Rechte aller Ägypter*innen geachtet werden.

Interview: Charlotte Hannah Peters

Link zur Aktion: https://go.allout.org/de/a/rainbow

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