SIEGESSÄULE PRÄSENTIERT

Ein Ort für alle: Die sexpositive Cruising-Party „Boar"

20. Apr. 2019
Julian Curico © Mille Bostedt

Im Rahmen des Fetisch-Wochenendes ist die „Boar“ außergewöhnlich: Sie ist die einzige große Fetisch- und Cruising-Party, auf der alle Sexualitäten willkommen sind. Wir sprachen mit Koveranstalter Julian

Zu Folsom 2018 ging erstmalig die sexpositive Dance-, Fetisch- und Crusing-Party „Boar“ an den Start und legte ein so beeindruckendes Debüt hin, dass sie von uns prompt zur besten Party des vergangenen Jahres gekürt wurde. Doch was macht sie im äußerst reichhaltigen und diversen Partyangebot des „Easter Berlin“-Fetischwochenendes so besonders? Sie ist die einzige große Fetisch- und Cruising-Party, auf der alle Gender und Sexualitäten willkommen sind. Nun geht die „Boar“ mit ihrer zweiten Ausgabe – diesmal im Polygon Club nahe dem Ostkreuz – an den Start. Wir sprachen mit Koveranstalter Julian Curico

Julian, 2018 hatte die „Boar“ zu Folsom Premiere. Wie entstand damals die Idee, diese Party zu machen, und welches Konzept steckt dahinter?
Das Konzept war, eine Party zu machen, die keine Genderseparierung vornimmt. Häufig ist es ja so, gerade zu Folsom oder zu Ostern, dass die Partys entweder „Men only“ sind oder eben für FLTI*. Wir wollten ein Angebot schaffen, bei dem alle Menschen eingeladen sind. Einen Raum, der allen gehört. Ich persönlich kann zu Men-only-Events gehen und falle in einer solchen Umgebung nicht auf. Aber viele meiner Freunde können das nicht, ich kann mit ihnen bestimmte Orte nicht gemeinsam aufsuchen. Ich wollte aber einen Ort, an dem ich entspannen und mit meinen Freunden tanzen kann und an dem gleichzeitig die sexuelle Cruising-Infrastruktur gegeben ist.

Ihr veranstaltet die Party im Kollektiv. Was für Leute sind im „Boar“-Team?
Wir sind eine Gruppe von Sexarbeiter*innen, People of Color, trans* Personen, cis Leute, Schwule, Lesben, nicht binäre Menschen. Es ist alles vertreten. Wir sind sehr divers und möchten auch ebensolche Leute mit der Party ansprechen.

Bei Folsom und zu Ostern werden Frauen und trans* Personen häufig nicht so sichtbar wie schwule cis Männer. Warum ist das so? Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft. Und die ist ein Männerverein und schreibt diese Tradition fort – Männer stärken sich gegenseitig den Rücken. Es ist schon wichtig, vor allem für schwule cis Männer, sich daran zu erinnern, wie die ganze Emanzipationsbewegung entstanden ist. Aus dem gemeinsamen Kampf mit trans Frauen, nicht binären Menschen, Sexarbeitenden und so weiter. Diese Menschen haben schwule cis Männer unterstützt, und es ist wichtig, das nicht zu vergessen und einen Raum zu schaffen, in dem alle ein Anrecht auf Anwesenheit haben Das Berliner Nachtleben hat schon eine sehr männlich dominierte Ästhetik.

Ist euer Konzept bei der „Boar“ im letzten Jahr aufgegangen? Ja. Ich war wirklich positiv überrascht, dass es so gut funktioniert hat. Am Ende waren es rund 750 Gäste. Es gab auch keine störenden Vorfälle. Als ich damals nach Berlin kam, ging es bei Partys mehr darum, einen Ort gemeinsam zu erschaffen, und nicht nur darum, ihn einfach bloß zu konsumieren. Die erste „Boar“ erinnerte mich genau an diesen Vibe. Ich erinnere mich noch, dass ich auf der Party die Treppe runterkam und diese großartige Mischung von Menschen sah: Leather Dykes, Schwule in Fetisch-Gear, trans Frauen, Lesben, Schwule, trans Männer und so weiter. Und die Leute hatten auch wirklich viel Sex. (lacht)

Das scheint ja oft das Problem zu sein, wenn es um multisexuelle, multigender Sexpartys geht. Häufig passiert da alles Mögliche, nur kein Sex. Das Problem hatten wir nicht. Das liegt vielleicht auch an unserem Ansatz. Wir haben die Party von Anfang an sehr sexuell promotet. Und das lässt in den Köpfen der Leute schon eine gewisse Idee entstehen. Außerdem haben wir die Einvernehmlichkeit, die für uns ein wichtiger Aspekt der Party ist, sehr in den Vordergrund gestellt. Wir wollen keine Übergriffigkeit und wir haben auch diesbezüglich eine sehr strikte Tür. Wir informieren die Leute genau, was das für eine Party ist. Es dürfen zwar alle Menschen rein, aber sie müssen sich an bestimmte Regeln halten.

Was sind die Regeln bei „Boar“? Die Grenzen anderer Menschen respektieren, auf Einvernehmlichkeit achten. Wichtig ist auch, wenn es um die Schaffung von sexuellen Orten geht, den asexuellen Anteil mitzudenken. Wir fokussieren uns auf Fetisch, Cruising und Sex. Aber wir wollen auch einen Ort schaffen, an dem die Leute einfach nur mit Freunden abhängen können. Es soll keinen Druck geben, unbedingt bestimmte Sachen machen zu müssen. Darum geht es uns nicht. Alle sollen tun können, was sie möchten.

Interview: Jan Noll

SIEGESSÄULE präsentiert
Boar 2019, 21.04., 23:00, Polygon


DJs: Russel E.L. Butler,
Femanyst aka Lady Blacktronica, S Ruston,
Ady Toledano, Sanni Est, Dirty Daddy Don u. a. Hosting: Lux Venérea, Ari De B, Peach Blaus, Arigato Melody
Visuals: Julian Curico

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