Der Tanz als Spiegel der Gesellschaft

Vom 13. bis 25. Mai 2025 verwandeln die Potsdamer Tanztage die Stadt erneut in ein Zentrum zeitgenössischer Tanzkunst. Mit 20 Produktionen aus Deutschland, Spanien, Kanada, Norwegen, Frankreich und Italien bietet das Festival ein vielseitiges Programm aus Aufführungen, ergänzt durch 37 Workshops, zahlreiche Publikumsgespräche und vier Konzerte.
Der Eröffnungsabend mit dem Stück Black von Oulouy setzt den Ton für ein Festival, das sich entweder mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen oder mit der poetischen Kraft von Körper und Stimme auseinandersetzt. In seinem Solo verarbeitet Oulouy urbane Tanzstile Afrikas und seiner Diaspora in den USA, darunter Coupé-Décalé, Ndomboló, Afrohouse und Krump, zu einem kraftvollen Statement gegen Rassismus.

Vástádus Eana – The Answer is Land der norwegischen Choreografin Elle Sofe Sara widmet sich der samischen Kultur und verbindet Protest mit rituellem Gesang und Tanz. Gemeinschaft, Verwandtschaft und die tiefe Verbindung zur Natur stehen im Mittelpunkt dieses Werks, das von polyphonen Yoiks, den traditionellen samischen Ritualliedern, getragen wird.
Auch Los Inescalables Alpes von La Chachi aus Málaga stellt die Stimme in den Mittelpunkt und verbindet zeitgenössischen Flamenco mit theatralischer Intensität. Mit diesem Werk bestätigt La Chachi ihren besonderen Platz in der Avantgarde des Flamenco – an der Seite von Künstler*innen wie El Niño de Elche, Israel Galván und Rocío Molina, die das Genre aufbrechen und neu definieren.

Aina Alegre beschwört mit Fugaces den Geist der Flamenco-Legende Carmen Amaya und überführt ihre revolutionäre Tanzsprache in die Gegenwart. Mit einer unkonventionellen Karriere, die sie vom Roma-Viertel Barcelonas bis nach Hollywood führte, stellte Carmen Amaya (1918–1963) die Codes des Genres auf den Kopf, indem sie sich die traditionell Männern zugeschriebene Technik des "Zapateado" (Fußstampfen) aneignete und gelegentlich in Männerkleidung auftrat.
Ein besonderes Highlight ist die Deutschlandpremiere von All’arme von Ginevra Panzetti & Enrico Ticconi. Das Stück untersucht die feine Grenze zwischen Schutz und Aggression. In synchronisierten Formationen zeigt es, wie Macht durch Bewegung entsteht und wann sie in Unterdrückung umschlägt – eine eindringliche Reflexion über individuelle und kollektive Verantwortung.

Ein weiteres Highlight ist die Deutschlandpremiere von Portrait vom französischen Choreografen Mehdi Kerkouche. Das Stück, das bereits über 100 Mal in Frankreich aufgeführt wurde, ist ein tanzvirtuoses Familienporträt, das die Suche nach Identität innerhalb einer Gruppe thematisiert. Neun Tänzer*innen entwerfen ein kraftvolles Mosaik aus Emotionen, das das Publikum mitreißt.