Verqueerte Hochkultur

Kurz vor dem CSD erobern namhafte Künstlerinnen und Künstler der Berliner LGBTI-Szene das Studio Я des Maxim Gorki Theaters
– „Я“ (ausgesprochen „ja“) ist der letzte Buchstabe des russischen Alphabets und bedeutet „ich“. Dieses Wort steht für Selbstbestimmung und Selbstverortung. Das Theater bietet mit dieser Bühne eine Plattform, auf der das Selbst hinterfragt und weitergedacht werden kann. Das Künstlerkollektiv Conflict Zone Arts Asylum wurde bereits 2006 in London gegründet und hat momentan eine zweijährige Residenz im Studio. Alle teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler leben seit einiger Zeit in Berlin und lassen ihre Erfahrungen mit Exil und Migration aus Russland, der Türkei, der jüdischen Diaspora in den USA und Israel in ihre künstlerische Praxis einfließen. Dies bietet natürlich genügend Zündstoff für politische Auseinandersetzungen auf künstlerischer Ebene. Den Leiterinnen Marianna Salzmann und Monica Marotta fehlte bisher allerdings die queere Dimension. Kurzerhand haben sie sich die ehemaligen Kingz of Berlin ins Boot geholt. Moritz G. und Toni Transit kuratieren daher am 12. und 13. Juni das Event unter dem Namen „Queer Up!“. Den Startschuss gibt am Donnerstag um 20:30 die Band Strawberry KaeyK. In einem kleinen Konzert präsentieren sie Travestie unplugged und singen Eigeninterpretationen von Madonna bis Marilyn Manson. Darauf folgt eine Diskussionsrunde unter dem Motto „Subkultur küsst Hochkultur“ mit Intendant Jens Hillje, Schauspielerin Sigrid Grajek, die mit ihrem Claire-Waldoff-Programm in der Szene unterwegs ist, Fatma Suad (Foto), Miterfinderin von Gayhane, und mit der Theaterwissenschaftlerin Jenny Schrödl. Bei dieser Diskussion sollen Fragen wie „Wie verändern sich Auftrittserwartungen und die Zusammensetzung des Publikums, wenn über die subkulturellen Räume hinaus gezeigt wird, was einmal einer bestimmten Szene zugeordnet war?“ und „Wo liegt der Unterschied, wenn eine Schauspielerin eine Hosenrolle spielt oder ein Dragking auf der Bühne steht?“.
Parallel zeigt im Foyer Yori Gagarim queere Pin-ups in der Ausstellung „Off the Rokket“. Freitag, der 13., ist dann ganz und gar den Performances gewidmet. Bei der „Never-ending Drag* Show“ zeigt die Crème de la Crème der queeren Subkultur dem Theaterpublikum, wie man politischen Anspruch und Glamour gekonnt miteinander verschmelzen lässt. Mit dabei sind Marlon Brandy, der mit seiner Stimme nicht nur die Bühne zum Vibrieren bringt, Dragking und Performance-Künstler Werner Hirsch, Stimmakrobatin ingoe.deltraut, Schriftsteller und Poet Jayrôme Robinet, Tänzerin Sabuha Salaam, die Drag-PerformerInnen LCavaliero und Viola und Klampfenkönigin Coco Lorès, die wie keine die Farbe Kassler elegant zu tragen weiß. Dieses Event ist definitiv nicht nur für TheaterliebhaberInnen sehenswert. Alle, die des belanglosen Partyentertainments überdrüssig sind, sollten sich „Queer Up!“ nicht entgehen lassen.
„Queer Up! gegen sätze“ mit Moritz G., Toni Transit, Strawberry KaeyK, Fatma Suad, ingoe.deltraut, Marlon Brandy, Werner Hirsch u. a., 12./13.06., 20:30, Studio R/Maxim Gorki Theater, gorki.de
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