Kulturdschungel

Das Kunstfestival „48 Stunden Neukölln“ stellt sich mit zwei „Rosa Routen“ auf einen immer queerer werdenden Bezirk ein
– Auch bei der 16. Ausgabe von „48 Stunden Neukölln“ zeigt sich der Bezirk in all seinen kulturellen Facetten. Der queere Aspekt hat dabei mit dem Umzug des SchwuZ in den Rollbergkiez an Strahlkraft gewonnen: Erfolgreich hat es sich im neuen Kiez etabliert. „Schon frühzeitig haben wir den Kontakt zu unseren Nachbarn gesucht“, erklärt Thomas Sielaff vom SchwuZ, „dabei wurden gemeinsame Projekte angeschoben, etwa mit der Neuköllner Oper, dem Heimathafen Neukölln oder dem SilverFuture.“ So ist es nur folgerichtig, dass sich das SchwuZ auch in besonderer Weise in das Neuköllner Festival integriert. Geplant ist ein Kultur- und Partymarathon, wie er in der Berliner Clubszene inzwischen immer beliebter wird. „36 Stunden SchwuZ“ bei „48 Stunden Neukölln“ nennt sich die Veranstaltung, die am Samstagabend um 18:00 mit einer Ausstellung beginnt: In der Eingangshalle werden Fotografie-, Video- und Installationsarbeiten sowie performative Interventionen zum Thema „Courage“ zu sehen sein – in diesem Jahr das Leitmotiv für alle offiziellen Beiträge des Festivals. Übergangslos geht es weiter mit „Polymorphia“, dem „4. Festival der Tuntigkeit“. Ab 23:00 übernimmt die Party „Proxy Club“. „Neukölln wird durch den Umzug vom SchwuZ mehr und mehr zu einem queeren Ort“, erzählt Martin Steffens, einer der beiden Leiter von „48 Stunden Neukölln“, „oder wird zumindest als ein solcher wahrgenommen: Schon lange wird er schließlich von Lesben, Schwulen und Trans* als Wohnort geschätzt, wo man in einer toleranten – oder ignoranten – Umgebung in Ruhe gelassen wird.“
Gilles Duhem, der offen schwule Leiter vom Nachbarschaftsprojekt Morus 14, ist eingeladen, über seine positiven Erfahrungen mit Jugendlichen aus dem Kiez zu berichten. Die Diskussionsveranstaltung wird in den Neukölln Arcaden stattfinden, wo außerdem insgesamt 30 Projekte zum Thema „Courage“ präsentiert werden, zwei davon mit queerem Inhalt. „Sie sind also – wie auch in der normalen Gesellschaft – eingebettet, nicht isoliert“, freut sich Martin Steffens. Annette Hollywood zeigt ein provokant-ironisches Video, das die männlich dominierten Strukturen im Kunstmarkt auseinandernimmt. Außerdem sind Stanislaw Mischtschenkos Fotoporträts von LGBTI-Aktivisten aus Kiew zu bewundern (s. Foto).
Viele weitere queere Projekte sind überall im Neuköllner Kulturdschungel eingestreut. Damit man sie zwischen den 300 offiziellen Projekten an 200 Orten leichter finden kann, sind Veranstaltungen mit queerem Bezug auf zwei Routen zusammengefasst, der „Rosa Route“ und der „Neu-Rosa Route“. Den Flyer dazu bekommt man zum Beispiel im SchwuZ und in den Neukölln Arcaden. Darauf ist auch das Projekt „Fußball und Homosexualität“ vom Zentrum für fotografische Ausbildung zu finden. Oder die Lesung der russischen LGBT-Aktivistin Olga Zhuk. Am Sonntagabend gibt es im SchwuZ die offizielle Abschlussparty des Festivals.
Carsten Bauhaus
„48 Stunden Neukölln“, 27.–29.06., SchwuZ, Neukölln Arcaden und andere Veranstaltungsorte, 48-stunden-neukoelln.de
„36 Stunden SchwuZ“ bei „48 Stunden Neukölln“, 27.06., 18:00, SchwuZ, schwuz.de
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