Ein Stück Cabaret im Ballhaus-Mitte: „Berliner Luft“

Zwei Vaudeville-Tänzerinnen auf der Suche nach der großen Karriere finden in den 30er Jahren den Spirit of Berlin. Eine Produktion mit den Burlesque Stars Champagne Sparkles und Little Miss Piss
Update: Wegen der großen Nachfrage gibt es Zusatzshows. Letzte Show ist am 31.01.
22.01. – Das Ballhaus Berlin mit seinem historischen Ambiente wird zum Time Tunnel. Die Revue „Berliner Luft“ ist eine Zeitreise durch Showgeschichte vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er Jahre. Die Story: Die beiden Vaudeville-Künstlerinnen Kitty und Mina sind gelangweilt von den immer gleichen albernen Sketchen, die sie, zudem noch als Männer verkleidet, spielen. Also ist der Plan, die Staaten zu verlassen, um in Europa große Karriere zu machen, zumal sie dort auch ihre Weiblichkeit in die Waagschale werfen können. In London treten sie in Shows mit „Tableaux vivants“ auf. Diese „lebenden Bilder“ waren ein Vorwand, nackte Haut zu zeigen - solange sich die Darstellenden nicht bewegten, das galt nämlich als sittenwidrig. Bald brechen die Freundinnen nach Paris auf, um im Moulin Rouge beim French Can Can die Beine zu schwingen. Schließlich treffen sie sich in Berlin beim Charleston wieder, nachdem sich zuvor ihre Wege getrennt hatten, warum, weiß nur die Regie. Während der unterschiedlichen Epochen wird deutlich, wie Frauen zunehmend Lust am eigenen Körper bekommen, das Korsett verbannen und mit Vergnügen mehr Haut zeigen: Es sind die Vorreiterinnen der heutigen selbstbewussten New Burlesque-Performerinnen.
Mit Sorgfalt wurden die Nummern originalgetreu rekonstruiert, was ebenso für die gesamte Ausstattung gilt (Kostüme Lasha Rostobaia). Der Vaudeville-Akt wirkt stimmig, die Tableaux-Sequenz hübsch verklemmt, der Can Can dagegen etwas unschlüssig. Highlights im Berlin-Block nach der Pause sind die Auftritte von zeitgenössischen Figuren wie Mata Hari, der Kunstfigur Maria aus Fritz Langs Filmklassiker „Metropolis“ oder der Skandalperformerin Anita Berber. Das ist alles nah am Original, und allein die letztgenannte Interpretation lohnt den Besuch; die Choreographie ist hinreißend getanzt. Marlene Dietrich und Claire Waldoff sind dagegen fehlbesetzt.
Die Darstellerinnen Champagne Sparkles, Little Miss Piss, Lucky Lu und Syren Joey, allesamt burlesque-bekannt, machen durchweg gute Figur. Den roten Faden als Conferencier gibt als Gaststar Ferkel Johnson, dem seltsamerweise trotz Grotesk-Strip nicht ganz gelingt, so frivol rüberzukommen wie die Rolle angelegt ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass er in den High Heels geht, als trage er Gummistiefel. Immerhin gelingt es ihm, das Ganze immer wieder zusammenzuhalten. Das Stück hat viele tolle Momente, aber mit richtig gutem Licht wäre atmosphärisch noch mehr herauszuholen gewesen.
fh
„Berliner Luft“, 22.-24.1., Zusatzshows am 29. und 31.01., 20:00, Ballhaus Berlin
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