„Sexuelle Vielfalt“ versus „Menschliche Vielfalt"

Der CSD Deutschland e. V. schlägt vor statt von „sexueller“ künftig von „menschlicher“ Vielfalt zu sprechen. Ein Vorschlag, der nicht überall auf Gegenliebe stößt ...
Statt von „sexueller Vielfalt“ soll zukünftig von „menschlicher Vielfalt“ gesprochen werden. Das stellt jedenfalls der Dachverband der CSDs in Deutschland (CSD Deutschland e.V.) zur Diskussion, der damit die Schärfe aus der Bildungsplandebatte nehmen will. Denn die GegnerInnen einer umfassenden Aufklärung über LGBTI-Lebensweisen würden die Bezeichnung „sexuelle Vielfalt“ ganz bewusst nutzen, um das Thema auf Geschlechtsverkehr zu reduzieren, während andere Lebensrealitäten wie Partnerschaft, Liebe oder Familie ausgeblendet werden. Gerade die Verbindung des Begriffes sexuell mit dem Wort Kinder heize die Diskussion emotional derart auf, dass für Argumente kein Platz mehr bleibe.
Der Begriff „menschliche Vielfalt“ entziehe hingegen den GegenerInnen die Angriffsfläche. Die Betonung werde auf den Kern menschlicher Existenz gelegt: „Partnerschaft, Liebe, Sexualität, Beziehung, Emotion. Man könnte sagen: er ,menschelt'. Auch lassen sich Themen wie die doppelte Diskriminierung (,Migrant und schwul‘, ,lesbisch und Muslima‘, ,trans* und behindert‘) unter dem Begriff ,menschliche Vielfalt‘ viel besser greifen.“ Mit dem Wechsel der Bezeichnung soll auch der Fokus auf andere Themen und Diskussionen gelenkt werden: Fragen nach Geschlecht und Gender, die Problematik von trans* oder inter*, Rassismus, Ausgrenzung und Ablehnung aufgrund von Religion und Weltanschauungen.
Dagegen regt sich in der Community Widerstand. Die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren, kurz BISS, hat jetzt eine Stellungnahme veröffentlicht. Sie wirft dem CSD Deutschland e.V. vor, dass er versuche, sich der Sprache der „besorgten Eltern“ anzupassen, um aus der Schmuddelecke herauszukommen. Mit dem neuen Begriff werde aber in Kauf genommen, dass man die Sexualität von Schwulen und Lesben wieder ins Private zurückdrängt. Für eine Emanzipationsbewegung, für die das Sexuelle immer auch das Politische war, sei das nicht akzeptierbar: „Wenn der Dachverband der CSDs in Deutschland zu sexueller Vielfalt schweigt, um die Konfrontation mit ,besorgten Eltern‘ und anderen zu vermeiden, wo bleibt dann das Selbstbewusstsein und die Selbstbestimmtheit der Aufstände vom 28. Juni 1969 in der Christopher Street in New York? Wie politisch wollen CSDs noch sein, wenn sie die politische Auseinandersetzung und Konfrontation vermeiden? Wie steht der CSD Deutschland e.V. dann zu Fetischgruppen, die selbstverständlicher Bestandteil der CSD-Kultur sind? Sollen diese künftig auch nicht mehr dabei sein, weil sie die Gemüter einiger Menschen erhitzen könnten?“ Für BISS bleibe die Sexualität in ihrer Vielfalt das identitätsstiftende Merkmal der Community.
Diskussionsbeitrag „Sexuelle Vielfalt vs. Menschliche Vielfalt“ von CSD Deutschland e.V. auf csd-deutschland.de
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