TransInterQueer: Von „einer“ Trans-Community muss nicht die Rede sein

Zum IDAHOT haben wir VertreterInnen von verschiedenen Berliner LGBTI-Projekten gebeten, sich zu den Themen Homo- und Transphobie zu äußern. Für TransInterQueer e.V. kommentiert Leo Y. Wild
Zu Anfang sei gleich mal das verschleiernde Wort „transphob“ über Bord geworfen (wie auch „homophob“), schließlich handelt es sich nicht um angstmotivierte Gewalt, sondern um pure Anfeindung. Nennen wir die Gewalt und Diskriminierung daher: transfeindlich. Die Gewalt*täterinnen stehen vor trans* Menschen ja nicht ängstlich schlotternd wie vor einer Spinne oder vor einem Fahrstuhl.
Und „Gewalt“ geht über das Klappmesser und das beleidigende Gejohle hinaus. Trans* Menschen in Deutschland sind nach wie vor einer Struktur ausgesetzt, die auf allen Ebenen ausgrenzt oder unsichtbar macht – dass sich einzelne unter Strapazen „in die Mitte“ arbeiten, oder „positive Schlagzeilen“ liefern, ändert daran nichts. Dass im Koalitionsvertrag von CDU und SPD die Rede davon ist, trans* Menschen bloß „in den Fokus zu nehmen“, ist hübsch verklausuliert für „auf die lange Bank schieben“.
Dabei hat die schwedische Regierung soeben entschieden, trans* Menschen Entschädigungen für die Zwangssterilisationen zu zahlen, die in Schweden bis 2013 durchgeführt wurden (und auch in Deutschland bis 2011). Allein um einen neuen Vornamen zu erhalten (was in Malta ein Verwaltungsakt von wenigen Tagen ist), muss hierzulande vor Gericht ein teures, langes, intransparentes Gutachterverfahren beschritten werden. Diese Beispiele struktureller und institutioneller Gewalt sind so ausgrenzend wie physische Gewalt traumatisierend.
Von „einer“ Trans-Community kann und muss nicht die Rede sein. Eine aus Algerien geflüchtete trans* Frau, für die auch Rassismus und Islamfeindlichkeit in Berlin alltäglich sind, ein trans* Mann mit körperlicher Beeinträchtigung, eine alte trans* Frau in Armut, die aus ihrem gentrifizierten Kiez wegziehen muss, werden sich nicht in „einer“ Trans*-Community in dem Maß abgebildet finden, wie es für ein solidarisches Miteinander nötig wäre.
Gerade an die vermeintlichen Ränder muss sich daher die Aufmerksamkeit auch (aber nicht nur) von trans* Organisationen und ihren Unterstützer*innen richten: Beispiele dafür sind z.B. das Besuchsprojekt für ältere trans*, inter* und queere Menschen, das gerade bei TrIQ geplant wird. Oder die Umfrage unter trans* Sexarbeiter*innen in Berlin, welche Bedarfe und Forderungen sie haben – geplant nicht im Lesesaal, sondern von trans* Sexarbeiter*innen selbst.
Leo Yannick Wild, TransInterQueer e.V.
transinterqueer.org
facebook.com/triqberlin
Der Internationale Tage gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie (IDAHOT) findet jährlich am 17. Mai statt. Er erinnert daran, dass die Weltgesundheitsorganisation am 17. Mai 1990 beschloss, Homosexualität aus der Liste der Krankheiten zu streichen.
„TransInterQueer (TrIQ) ist ein soziales Zentrum und ein politisch, kulturell und im Forschungsbereich aktiver Verein, der sich für trans-, intergeschlechtliche und queer lebende Menschen in Berlin und darüber hinaus einsetzt. Wir bieten psychosoziale und rechtliche Beratung, Gruppentreffen, Fort- und Weiterbildungsangebote, das Transgender Radio, ein Café, ein Archiv, Räume für weitere Gruppenangebote, Kunst- und Kulturveranstaltungen und alles worauf TrIQies Lust haben“
TransInterQueer e.V. (TrIQ)
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Tel: 030-6167 529 16
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