Down and dirty: die Kostümdesignerin Larissa Bechtold
Bei Mykki Blancos aktuellem Video „Highschool never ends“ war die gebürtige Kanadierin für die Kostüme zuständig
Das Musikvideo „Highschool never ends“ wurde im brandenburgischen Freyenstein gedreht und zeigt eine queere Clique, die auf Vorstadt-Neonazis stößt. Der Regisseur Matt Lambert hat eine moderne Cinderella-Geschichte in berührende Bilder umgesetzt, die allerdings in einem Blutbad endet. Larissa Bechtold war für die Kostüme zuständig und verwandelte Mykki Blanco in eine hinreißende Lolita vom Lande. SIEGESSÄULE Redakteurin Kaey sprach mit der Kostümdesignerin über ihre Arbeit.
Du bist eigentlich studierte Modedesignerin. Wieso hast du dich dafür entschieden, dich dann doch mehr dem Kostümdesign zu widmen?
Ich war schon immer ein großer Fan von Halloween, weil man da die tollsten Kostüme tragen kann. Zum Kostümdesign bin ich eher durch Zufall gekommen. Nach einem Styling-Job hat mich ein Bekannter für einen Kostümauftrag in Babelsberg empfohlen. Dort habe ich den Regisseur Matt Lambert kennengelernt, mit ihm habe dann viel zusammengearbeitet. Zuletzt am Mykki Blanco Video zur Single „Highschool never ends“.
Was ist für dich der Unterschied zwischen Modedesign und Kostümdesign?
Beim Modedesign geht es hauptsächlich darum, dass Leute modern und gut gekleidet sind. Das finde ich nicht sonderlich spannend. Beim Kostümdesign kreiert man einen Charakter mit. Man haucht einer fiktiven Figur Leben ein. Man sitzt auch nicht im eigentlichen Sinne da und entwirft eine Kollektion oder macht Schnittmuster. Beim Kostümdesign sucht man manchmal auch einfach Outfits, die zur Figur passen.
Du hast mit sehr unterschiedlichen Künstlern gearbeitet. Zum Beispiel mit Marius Müller-Westernhagen oder dem Rapper Caspa. Diese bewegen sich eher im heteronormativen Mainstream. Aber du arbeitest auch mit sehr queeren Künstlern wie Mykki Blanco oder Evvol zusammen. Gibt es da Unterschiede für dich?
Ja da gibt es schon Unterschiede. Es gibt definitiv Jobs, die man hauptsächlich wegen des Geldes macht. Doch da ist man mit weniger Herz dabei. Das Video für Caspa habe ich ebenfalls mit Matt Lambert gemacht. Wir liegen wirklich auf einer Wellenlänge und deshalb hat das alles super funktioniert und auch Spaß gemacht. Aber trotzdem ist man da nicht ganz so mit dem Herzen dabei wie bei so einem Projekt mit Mykki. Alles war sehr intuitiv und hat sich von allein ergeben. Ich hatte das Gefühl, ich bringe einen großen Teil von mir selbst ein. Als ich den Clip dann zum ersten Mal komplett gesehen habe, hatte ich überall Gänsehaut. Man ist zwar jeden Tag am Set und sieht, wie die Szenen gedreht werden. Wenn man es aber zum ersten Mal auf dem Bildschirm als Ganzes sieht, ist das schon sehr berührend.
Gibt es denn noch andere Künstler, mit denen du zusammenarbeiten möchtest?
Peaches ist großartig! Ich habe sie das erste Mal vor ca. acht Jahren in Kanada gesehen und dann wieder letztes Jahr hier in Berlin. Sie hat absolut nichts von ihrer Energie verloren. Es wäre sicherlich sehr spannend, ihre Kostüme für eine Tour zu designen.
Hast du Vorbilder?
Die Kostümdesigner Kurt und Bart, die unter anderem für Filme wie „Dallas Byers Club“ und „Die Tribute von Panem“ gearbeitet haben. Die beiden sind beste Freunde und eher zufällig zum Kostümdesign gekommen. Damit kann ich mich gut identifizieren, weil es bei mir ähnlich war.
Würdest du sagen, du hast einen bestimmten Stil?
Ich war schon immer fasziniert von Gruppen, die sich eher am Rande der Gesellschaft bewegen. Oder sagen wir besser, von denen die Gesellschaft denkt, dass sie sich am Rand bewegen. Diese Idee kann man viel in meiner Arbeit wiederfinden. Im Mykki-Video zum Beispiel war es dieser provinzielle Neonazi-Look, der generell bei mir immer wieder auftaucht. Man könnte es vielleicht als post-apokalyptisch bezeichnen: down and dirty. Zumindest kommen mittlerweile viele Leute zu mir, weil sie wissen ich kann down and dirty.
Interview: Kaey

Designerin Larissa Bechtold
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