Film

Queeres afrikanisches Kino beim Filmfestival Afrikamera

29. Okt. 2016
Szenenfoto aus dem Spielfilm „Dakan“ (1997)

Vom 1. bis zum 6. November steht das Berliner Filmfestival Afrikamera ganz im Zeichen des noch jungen queeren afrikanischen Kinos

Queeres Kino aus Afrika ist auf Berliner Leinwänden eine Rarität. Deswegen sollte man sich die Chance nicht entgehen lassen, das diesjährige Afrikamera-Festival im Arsenal zu besuchen, denn im Zentrum stehen diesmal „queere Lebensweisen und Praktiken“ auf dem afrikanischen Kontinent. Zu sehen sind unter anderem Filme aus Guinea, Marokko, Südafrika, Äthiopien, Nigeria oder Uganda. Die Vielzahl überrascht, zumal in den meisten aufgeführten Ländern gleichgeschlechtlicher Sex illegal ist und mit mehreren Jahren Gefängnis geahndet wird. In einigen Staaten Nigerias gilt mit Berufung auf die Scharia sogar die Todesstrafe für Sex unter Männern.

Ein Teil der Filme ist dann auch in Koproduktion mit westlichen Ländern wie Frankreich, USA, Schweden oder auch Deutschland entstanden. Dass die Sichtbarkeit von LGBTIs in Afrika trotz der Repressionen zunimmt, ist laut den FestivalmacherInnen „einer verstärkten Bildung von queeren Netzwerken geschuldet“. Vor allem FilmemacherInnen, die queere Lebensentwürfe auf die Leinwand bringen, seien dabei zu einer wichtigen Stimme im Kampf für mehr Akzeptanz geworden. Allerdings kostet das in weiten Teilen des Kontinents erheblichen Mut, denn ProtagonistInnen von Dokus, DarstellerInnen und andere Beteiligte der Filmteams müssen mit Anfeindungen und Übergriffen rechnen.

Einer der bekanntesten Filme des Festivals ist sicherlich die Doku „Call me Kuchu“ (USA/Uganda 2012, 05.11., 17.00) über Ugandas ersten offen lebenden Schwulen, den Aktivisten David Kato, der 2011 noch während der Dreharbeiten ermordet wurde. Der Film liefert sowohl ein Porträt dieses Mannes als auch einen Einblick in die unermüdliche Arbeit der LGBT-Community des Landes, die mit Hilfe einer weltweiten Vernetzung sich gegen das Klima des Hasses zu wehren versucht. Mit „Dakan“ (Guinea/Frankreich 1997, 06.11., 17:00, Foto) wird der erste westafrikanische Spielfilm gezeigt, der eine schwule Liebesgeschichte erzählt. Zwei junge Männer verlieben sich als Schüler bereits ineinander, doch unter dem Druck des gesellschaftlichen Umfelds versuchen sie gegen diese Liebe anzukämpfen. Nach seiner Premiere in Cannes 1997 wurde der Film als ungeheure Provokation empfunden. Selbst das eher als liberal geltende Filmmagazin „Ecrans d’Afrique/African Screen“ versuchte ihn zu diffamieren und verstieg sich dabei zu der Behauptung: „Nichts erlaubt uns den Schluss, dass Homosexualität als menschliches Verhalten existiert.“

Während des Festivals werden einige FilmemacherInnen in Berlin anwesend sein und ihre Arbeiten präsentieren, darunter auch der bekannte marokkanische Schriftsteller Abdellah Taia. Dessen Debutfilm „L'armée du salut /Salvation Army“ (Marokko/Frankreich 2013, 01.11., 20:00, Wdh.: 02.11., 19:00), eine Adaption seines gleichnamigen semibiografischen Romans, eröffnet das Festival. Geschildert wird die Geschichte eines jungen Mannes, der der marokkanischen Gesellschaft den Rücken kehrt, um seine Sexualität offen leben zu können. Weitere Gäste sind zum Beispiel die Regisseurin Ndimbira Claudine Shenge aus Ruanda mit „She“, der im Rahmen des Kurzfilmprogramms „Out in Africa“ (05.11, 19:00) läuft, und die politische Aktivistin Cleopatra Kambugu. Sie ist Hauptprotagonistin der Doku „The Pearl of Africa“ (Uganda/Schweden 2016, 04.11., 21:00): Als eine Boulevardzeitung in Uganda ihre persönlichen Daten zusammen mit 200 anderen LGBTIs veröffentlicht, entschließt sie sich das Land zu verlassen. In Thailand unterzieht sie sich dann einer Transition.

Im Rahmen des Festivals gibt es am Donnerstag, den 03.11., in der Heinrich-Böll-Stiftung eine Sonderveranstaltung. Neben Filmscreenings soll in einer Diskussionsrunde mit FilmemacherInnen und AktivistInnen geklärt werden, über welche Räume queere Menschen in Marokko, Ruanda, Südafrika, Kenia und Uganda verfügen und vor allem welche Strategien sinnvoll und erfolgreich sein können, um ihre Situation zu verbessern.

Afrikamera: African Queers, African Movies, African Cultures, 01-06.11., Arsenal, Heinrich-Böll-Stftung

Alle Filme werden entweder englisch untertitelt oder in der engl. OV zu sehen sein.

Das gesamte Filmprogramm findet ihr unter
afrikamera.de

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