Pornfilmfestival

„Queerer Porno ist einfallsreich, bunt und vielfältig“

8. Nov. 2016
Francy Fabritz

Sexualität und Alter ist das Thema von „Etage X“, für den Francy Fabritz beim Pornfilmfestival den Preis für den besten Kurzfilm bekam. Wir haben mit der Regisseurin und Kamerafrau gesprochen

Francy Fabritz ist längst keine Fremde mehr in der Berliner Filmszene. In stylischen und abenteuerlichen Bildern zeigen ihre Filme lesbisches Begehren. Dabei wählt sie Methoden und Themen, die bei deren Darstellung eher ungewöhnlich sind. Beim diesjährigen Pornfilmfestival gewann sie den Preis für den besten Kurzfilm für „Etage X“, der einen charmanten wie witzigen Blick auf das Thema Sexualität und Alter wirft. Mit kaum mehr als zwei Zeilen Dialog kommen die beiden Hauptdarstellerinnen Morgana Muses and Eva Medusa Gühne aus, wenn sie ihre angestauten Leidenschaften im Fahrstuhl eines Kaufhauses freien Lauf lassen.

Wie ist die Idee zu deinem Film entstanden?
Die Idee in einem Fahrstuhl zu drehen entsprang zunächst aus der bildgestalterischen Motivation, mal auf engstem Raum zu drehen – ich studiere ja Kamera und nicht Regie. Ich wollte herausfinden welche „Rolle“ wortwörtlich die Kamera und ich als Kamerafrau dabei einnehmen, wie „wir“ am Spiel, an einer Szene teilnehmen oder sie gar beeinflussen und welche Ästhetik sich daraus ergeben würde. Ich hatte Lust auf ein Experiment. So gab es schon mal einen Ort, es fehlte nur noch die Geschichte. Da die dffb (Deutschen Film- und Fernsehakademie), an der ich studiere, im 9. Stock des Filmhauses an der Potsdamer Straße liegt und tatsächlich nur mit dem Fahrstuhl zu erreichen ist, entstanden beim täglichen rauf- und runterfahren dann so einige Fantasien in meinem Kopf.

Warum war es dir wichtig in deinem Film, die Sexualität älterer Frauen beziehungsweise älterer Lesben zu zeigen? Es geht eher um (Sex-)Fantasien, um Freizügigkeit, Frechheit und Abenteuerlust. Dinge, die in der Regel Frauen über 50 abgesprochen werden. Frauen sind diesbezüglich heutzutage immer noch unsichtbar, sowohl auf der Leinwand als auch jenseits davon und das finde ich skandalös. Bei „Etage X“ war mir vor allem wichtig, dass der Film von Frauen über 50 handelt.

Eva Medusa Gühne hat bei der Preisverleihung gesagt, „Etage X“ wäre kein Porno sondern ein Film über Sex. Was macht für dich einen Film zum Porno?
Für mich persönlich ist ein Film ein Porno, wenn die darin inszenierten sexuellen Fantasien einerseits bewusst erzählt und andererseits überwiegend explizit, detailliert dargestellt werden. Die Betonung liegt dabei auf überwiegend. „Etage X” kann zwar als eine Inszenierung sexueller Fantasien mit fiktionalem Wirklichkeitsbezug gelesen werden, ist allerdings in meinen Augen kein Porno, weil es hier eben keine explizit dargestellten Einstellungen gibt. Naja gut, vielleicht eine, aber die ist nur eine Sekunde lang. (lacht)

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Szenenfoto aus „Etage X“

Was macht einen Film zu einem queeren Porno und welchen Platz hat queerer Porno auf dem Berliner Pornfilmfestival?
Große Frage! Für mich ist queerer Porno einfallsreich, bunt und vielfältig gedacht. Vor allem aber kann er als eine Art offenes Konzept für antiheteronormative, antihomophobe und antihegemoniale Inszenierungen von sexuellen Fantasien begriffen werden. Und um eine neue These zu wagen: Das Pornfilmfestival Berlin hat den queeren Porno erfunden.

Wie siehst du die Situation von Regisseurinnen und lesbischen Filmemacherinnen zur Zeit? 
Filmemachen ist nach wie vor leider eine Männerdomäne. Wir könnten dem allerdings hier beim Interview bereits entgegenwirken, indem wir ab jetzt die Berufsbezeichnungen verweiblichen: Regisseurin, Kamerafrau, Produzentin – es fängt im Kopf an und hört bei den letztendlich geförderten und realisierten Filmen auf. Hierbei sei auch auf die Anliegen der Initiative Proquote Regie verwiesen.

Interview: Walter Crasshole

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Francy Fabritz (rechts) bei der Preisverleihung des Pornfilmfestivals 2016

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