Szene

„Sei bunt, sei laut, sei selbstbewusst!“

15. Jan. 2017
Didine © Gitte Schmitz

Didine van der Platenvlotbrug ist Hamburger Tunten-Aktivistin und hauptberuflich Markenberater. Jetzt gibt es ihr drittes Parfum – mit Message!

Didine van der Platenvlotbrug ist eine der letzten bekannten Tunten von Hamburg. Seit mehreren Jahrzehnten treibt sie dort gemeinsam mit ihrer Freundin Blessless Mahoney ihr Unwesen. Regelmäßig geben beide Vorlesungen an der Uni zum Thema Tuntologie. Außerdem haben sie einen Podcast unter dem Titel „Zwei Stimmen im Fummel“, und seit letztem Jahr ist Didine im Vorstand der Lesbisch Schwulen Filmtage von Hamburg. Aber auch abseits des schillernden Tuntenlebens hat Didine einiges zu bieten. Als Daniel Plettenberg ist sie Markenberater und arbeitet zum Beispiel mit Chanel zusammen. Gemeinsam mit der Designerin Stefanie Mayr hat sie vor vier Jahren das Atelier PMP (Perfumes Mayr Plettenberg) gegründet. Im Dezember haben sie bereits ihren dritten Duft „anti, anti“ heraus gebracht. Im Interview erzählt uns Didine von ihrer Geburtsstunde und was hinter ihrem Erfolgsgeheimnis steckt.

Wie ist Didine entstanden?
Ich bin 1990 von Darmstadt nach Hamburg gezogen, um mein Schwulsein auszuleben. Damals fand ich die ganze Idee, in den Fummel zu steigen, total bekloppt. Ich war noch mitten in meiner Coming-out-Phase und wollte Jungs um mich herum haben.  Allerdings habe ich dann Blessless Mahony kennengelernt, die damals schon als Tunte unterwegs war und sozusagen Fummel 2000 verkörperte. Dann wurden wir zum ersten Kieler Tuntenrennen eingeladen und da musste dann ein Fummel her.

Was hat Fummel bei dir ausgelöst? Ich habe relativ schnell zwei Sachen gemerkt. Erstens hat man im Fummel mehr Spaß. Und Zweitens ist Fummel eine fantastische Möglichkeit, mit sich selbst zu spielen und sich auszudrücken. Selbst wenn du ein kleiner 19-jähriger schüchterner Junge bist, kannst du plötzlich laut und hysterisch sein. Tunte sein ist ein unglaublicher Pool an Kreativität und Self Empowerment. Ich habe gelernt, dass ich in jede Rolle schlüpfen kann und es dann auch bin. Man redet anders, man läuft anders, man fühlt sich anders. Diese Einsicht ist ein unerschöpflicher Quell der Kraft, der sich auch in meinem Berufsleben bemerkbar macht. Wenn andere sagen „man sollte, könnte, müsste mal machen“, bin ich derjenige, der es dann einfach tut. Sei laut, sei selbstbewusst, sei bunt, sei schrill und mach einfach!

In Hamburg gibt es viel Drag queens. Wieso benutzt du den Begriff Tunte?
Ich benutze den Begriff Tunte für mich bewusst, weil ich damit anschließen möchte an die 80er-Jahre-Homobewegung. Die Idee der Tunte wurde damals sehr politisch genutzt. Dadurch dass ein Mann Fummel trägt, stellt man schon Geschlechterrollen in Frage. Heute würde man das wahrscheinlich mit Genderbewusstsein beschreiben.

Wie kam es dazu, dass du ein Parfum kreiert hast?
Ich bin schon lange mit der Designerin Stefanie Mayr, die das Label Elternhaus hat, befreundet. Irgendwann hat sie mich als Markenberater mal gefragt, was man machen könnte, um das Label weiter nach vorne zu bringen. Im freundschaftlichen Plaudern sind wir dann darauf gekommen, dass wir ein Parfum machen könnten. Die Idee für den ersten Duft „Dreckig bleiben“ ist entstanden. Stefanie hat einen Punk-Backround und das sollte sich auch im Parfum widerspiegeln. Ich habe dann ein Konzept geschrieben und einfach die bekanntesten Parfümeure der Welt angefragt. Wir konnten hinterher zwischen verschiedenen wählen, und haben uns für Mark Buxton entschieden, der auch Düfte für Versace, Paco Rabanne und Comme des Garçons entwickelt hat. Uns hat dann sogar das Bundeswirtschaftsministerium einen Innovationspreis für unsere Firma verliehen.

Mit eurem Atelier PMP (Perfumes Mayr Plettenberg) habt ihr außerdem mit „Concret Flower“ den zweiten Duft herausgebracht. Jetzt gibt es den dritten Duft „anti, anti“ was steckt dahinter?
Für uns steht an erster Stelle eine menschliche Haltung oder Einstellung, die wir dann versuchen in einem Parfüm zu destillieren. Bei „Dreckig bleiben“ ging es um Authentizität. Um das Gefühl, das man hat, wenn man mit Freunden am Lagerfeuer feiert. Die Klamotten sind vielleicht dreckig, weil du auf dem Boden sitzt, aber die Zeit, die man miteinander verbringt, ist etwa ganz Besonderes, und man ist bei sich und authentisch. Der Duft „anti, anti“ bezieht sich auf die momentane gesellschaftliche Situation, in der wir stecken. Politiker aller Couleur sagen uns, wir sind in Gefahr. Wir müssen uns wehren, wir werden überflutet von Asylsuchenden und Geflüchteten. Es entsteht eine total fürchterliche Anti-Haltung gegen alles Fremde und Neue. Und dieser Anti-Haltung wollten wir ein Anti entgegensetzen um daraus wieder ein Pro zu machen. Denn wir sind für das Miteinander.

Interview: Kaey

Auf Siegessaeule.de verlosen wir einen Flacon von „anti, anti“ und zwar hier.

Das Video zum Duft!

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