AUSSTELLUNG

Aids, Kunst und Gesellschaft

11. Dez. 2013
LOVE AIDS RIOT SEX - 1, "General Idea"

Die nGbK in Kreuzberg zeigt in einer zweiteiligen Ausstellung, wie die unterschiedlichsten KünstlerInnen auf die Aids-Krise reagierten

1988 dokumentierte die Ausstellung „Vollbild Aids“ die Auseinandersetzung mit HIV und Aids in der Kunst – es war die erste Ausstellung dieser Art in Europa, organisiert vom Kreuzberger Kunstverein Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (nGbK). Der 25. Jahrestag ist nun ein guter Anlass, sich wieder mit der Wirkung von Aids auf Kunst und Gesellschaft zu befassen. Das Ergebnis lässt sich derzeit in den Räumen der nGbK auf der Oranienstraße besichtigen, Kurator ist wie damals Frank Wagner.

„Love Aids Riot Sex 1“ heißt die Ausstellung, die aufgeteilt ist: Der erste Teil, zu sehen bis zum 5. Januar 2014, beschäftigt sich mit den Jahren bis 1995, der zweite Teil (17.1.–9.3.) mit der Zeit bis heute. 1995 stellte für die Geschichte von HIV und Aids eine Zäsur dar, weil in diesem Jahr die Kombinationstherapie vorgestellt wurde, die bislang beste Bekämpfung der Krankheit. „Junge Leute wissen heute oft nicht, dass die Diagnose Aids bis in die 90er einem Todesurteil gleichkam“, erklärt Kurator Frank Wagner im Gespräch mit Siegessäule. Wie dramatisch die Aids-Krise damals war, ist heute kaum noch vorstellbar und war auch über die schwule Szene hinaus vielen nicht bewusst. Einige Kreative wollten deswegen seinerzeit Kunst nutzen, um ein Bewusstsein für Aids zu schaffen.

Wie dramatisch die Aids-Krise damals war, ist heute kaum noch vorstellbar

Die Torontoer Gruppe General Idea um AA Bronson nahm 1987 das berühmte Hippie-Werk „Love“ von Robert Indiana, das nur die vier Buchstaben des Wortes zeigt, und ersetzte diese durch AIDS. Plakate davon erschienen in den U-Bahnen und Straßen New Yorks. Das sorgte für Aufmerksamkeit in der Mehrheitsgesellschaft, aber auch für Wut unter Schwulen. „Es gab heftige Auseinandersetzungen, vielen war das zu vage und zu sehr in Werbeästhetik“, erinnert sich Frank Wagner. Aus Aktivisten der radikalen Politgruppe Act Up entstand in New York das Künstlerkollektiv Gran Fury, das als Reaktion die vier Buchstaben durch RIOT ersetzte – Aufruhr, Straßenkampf.

Insgesamt werden Arbeiten von 19 Künstlern ausgestellt, darunter ein Deckengemälde von Rinaldo Hopf, Fotos von Jürgen Baldiga und die Fotoserie „Marginal Waters“ von Doug Ischar, die Schwule am Chicago Beach zeigt. „Die Bilder haben nur indirekt etwas mit Aids zu tun, aber man hat die Bedrohung im Kopf“, erklärt Frank Wagner. Im zweiten Teil der Ausstellung zeigen ebenfalls 19 Künstler ihre Werke und im Februar folgt sogar ein dritter Teil: Das Kunsthaus Bethanien stellt Arbeiten von Kunsthochschulklassen aus Berlin, Kiel und Poznan aus – und weist damit auch in die Zukunft: Wie sehen junge Leute Aids heute?
Malte Göbel

„Love Aids Riot Sex 1 – Kunst Aids Aktivismus
1987–1995“, noch bis 5.1.2014, nGbK, Oranienstr. 25

Teil 2 der Ausstellung 17.1.– 9.3.2014 ebendort

ngbk.de

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