Digitales Deutsches Frauenarchiv

Frauen- und Lesbenbewegung als Podcast-Reihe

16. Juni 2022 Nina Süßmilch
Bild: DDF

Das Digitale Deutsche Frauenarchiv geht mit einer eigenen Podcast-Reihe online und zeigt, wie vielschichtig und -stimmig der Feminismus schon immer war. Neben verschiedenen Persönlichkeiten der Bewegungen werden wichtige Ereignisse feministischer Geschichte aus aktuellem Anlass beleuchtet

Die vielen historischen Gesichter des Feminismus werden selten gezeigt. Die meisten kennen nur Alice Schwarzer, die heute mit problematischen Positionen in Trans- und Migrationsdebatten auffällt. In den späten 60er- und 70er Jahren galt sie als das Gesicht der Emanzipationsbewegung. Eine Zeit, in der viele Frauencafés, Buchläden und Archive entstanden, die heute vom Deutschen Digitalen Frauenarchiv (DDF) digitalisiert werden.

Podcast-Reihe „Listen to the Archive”

Weniger bekannt hingegen ist zum Beispiel Alice Salomon, obwohl der Name in Berlin durch die gleichnamige Hochschule für Soziale Arbeit, Gesundheit und Erziehung durch den Stadtplan geistert. Alice Salomons Geburtstag jährte sich im April zum 150. Mal. Die Themen der Pazifistin sind weiterhin hochaktuell. Auch deshalb beschäftigt sich das DDF in seiner ersten Podcastfolge mit der 1872 in Berlin geborenen Frauenrechtlerin. Es geht um Soziale Arbeit, Ausbildung für Frauen und Mädchen, um den Pazifismus und die Stärkung der Demokratie.

„Unser Podcast ist ein niedrigschwelliger Zugang zu den digitalisierten historischen Dokumenten. Mit ihm wollen wir das Archiv zum Sprechen bringen,” erklärt Steff Urgast, Mitbegründer*in der Podcast-Reihe „Listen to the Archive”. Akteur*innen und Phänomene aus mehr als 200 Jahren feministischer Bewegungsgeschichte will der neue DDF-Podcast zum Thema machen. Neue Folgen erscheinen im Abstand von zwei Monaten auf den gängigen Podcast-Plattformen wie Spotify oder Audible. In der zweite Folge soll es um Frauen im Sport, speziell im Fußball, gehen.

Mehr Forschungsarbeit ermöglichen

Das 2018 gegründete DDF ist das Portal der fast 40 deutschsprachigen Lesben- und Frauenbibliotheken und -archive in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und Italien – kurz i.d.a.-Dachverband. Alles, was in diesen Archiven an Dokumenten und Materialen liegt, kann digitalisiert und vom DDF aufbereitet werden. Die Idee dahinter ist nicht nur, den Zugang für die Öffentlichkeit zu erleichtern und Transparenz zu schaffen sondern auch mehr Forschungsarbeit zu ermöglichen. „Der Podcast soll generell Lust machen, sich mit der Frauen- und Lesbenbewegung zu beschäftigen. Und er soll auch zeigen, wie viel Forschungs- und Sammlungsbedarf es noch gibt”, betont Steff Urgast.

Dass sich erst jetzt die Idee eines digitalen Frauen- und Lesbenarchivs durchsetzt, spricht für sich. Wie überfällig dessen Gründung 2018 war, zeigen die letzten vier Jahre des DDF. Aus der Projektförderung wurde das Archiv zur Institution, das nun direkt vom Bundesfamilienministerium gefördert wird. Dadurch sind die Strukturen nachhaltig gesichert und das Archiv kann nun selbst feministische Geschichtsprojekte im Umfang von eine Million Euro jährlich fördern.

Denn „es gibt nicht den einen Feminismus, sondern viele Formen, Themen und Akteur*innen und an all diese Materialien wollen wir natürlich ran”, erklärt Steff Urgast weiter. „Wir kommen aus der autonomen Frauenbewegung und da liegt ganz viel zu Hause in den Schubladen. Das ist immer ein wahres Glück, wenn diese Sachen in einem Archiv abgegeben werden und wir darüber feministische Geschichte erzählen können.”

Gegenerzählung innerhalb der Frauenbewegungen

In den letzten Jahren rückt die Aufarbeitung intersektionaler Feminismen vermehrt in den Fokus. May Ayim ist als eine der wichtigsten afro-deutschen Feministinnen bereits mit einem Archiv-Eintrag vertreten. Weitere Biografien aus der afro-deutschen Frauenbewegung sollen hinzu kommen. Vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit bekam bisher die migrantische Frauenbewegung. Archive wie der Frauengeschichtsverein Köln beschäftigen sich inzwischen mit migrantischer Selbstorganisation und strukturellem Rassismus. Da sie Lücken in der feministischen Geschichtserzählung füllen, sind diese Beiträge besonders wichtig. Bereits in den 70er Jahren gab es wichtige Debatten und Kongresse zu dem Thema, hebt Urgast hervor.

Damit erfüllt das DDF den selbst gewählten Anspruch der Gegenerzählung innerhalb der Frauenbewegungen. Auch in der Demokratiebewegung, die zwar männlich erzählt wird aber immer deutlich von Feminist*innen geprägt wurde, will man neue Impulse setzen. Mit neuen Vorbildern können aktuelle Bewegungen empowert werden. „Der Antifeminsmus existiert nicht erst seit heute. Wenn man dann sieht, dass schon Hedwig Dohm Ende des 19. Jahrhunderts dagegen anschreibt, zeigt es, du bist nicht alleine, wenn dir das begegnet,” erklärt Steff Urgast. Und dass noch viel getan werden muss, sieht man spätestens an §218 zum Abtreibungsverbot, der seit 1871 im Strafgesetzbuch steht.

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