Kommentar

Harry Potter ist mein Safe Space

6. Feb. 2023 FaulenzA
Bild: canva/pixabay

Das Harry-Potter-Universum bekommt erneut Zuwachs: Am 10. Februar erscheint das lang erwartete Videospiel „Hogwarts Legacy“. Doch aufgrund der transfeindlichen Positionen von Potter-Schöpferin J.K. Rowling fordern viele das Spiel und die Wizarding World zu boykottieren. Rapperin und SIEGESSÄULE-Kolumnistin FaulenzA kommentiert

Ich bin eine trans weibliche Rapperin und schreibe auch Fanfiction, die im Harry Potter Universum spielt. Aber ich distanziere mich klar von J.K. Rowling und verurteile ihre verabscheuungswürdige Transfeindlichkeit.

Dass die Autorin seit 2019 sich öffentlich gegen Queers und insbesondere trans Weiblichkeiten stellt, hat mich getroffen wie ein Crutiatus Fluch.

Ich hatte nämlich eine sehr schlimme traumatische Kindheit und Harry Potters Welt war für mich mein sicherer Zufluchtsort. In schlimmen Momenten habe ich mich in diesen Safe Space hineingeträumt; hab mich mit Harry verbunden gefühlt, der aus einer beschissenen Familie gerettet wurde und eine magische Welt entdecken durfte. Noch heute leide ich unter Traumafolgen und mir hilft es Harry-Potter-Hörbücher beim Schlafengehen zu hören oder mit Lego die Storys nachzuspielen.

Ich hatte aus der Geschichte auch immer die Werte Freund*innenschaft und Solidarität mit Unterdrückten gelesen, zum Beispiel mit Muggelstämmigen. Es gibt auch viele inhaltliche Kritikpunkte, zum Beispiel die antisemitisch dargestellten Kobolde und rassistischen Stereotype. Schon in meinem 2016 erschienenen Buch „Support your sisters not your cisters – über Diskriminierung von trans Weiblichkeiten“ habe ich eine Szene aus Harry Potter als Beispiel für Transmisogynie in den Medien genannt.

Hetze gegen trans Frauen

Spätestens seit 2019 aber zeigt die Autorin ihr wahres Gesicht: Rowling zufolge seien trans Frauen männlich und potentielle Triebtäter. Damit ist sie auf einer Linie mit vielen trans Personen ausschließenden „Radikalfeministinnen“ und konservativen und rechten Menschen. In ihren Argumentationen benutzt sie klassische Klischees transmisogyner Hetze. Grob gesagt, warnt sie vor einer Modernisierung der trans Gesetze, weil diese es trans Personen zu leicht machen würden, ihr Geschlecht im Pass zu ändern. Das würden Männer ausnutzen, die nur so täten als wären sie Frauen. So würden sich diese Männer dann Zugang zu Frauenräumen wie Duschen, Umkleiden und WCs verschaffen, um dort cis Frauen sexuell zu belästigen. Und cis Frauen müssten dann diese Täter in ihren Räumen akzeptieren, weil diese Täter ja gesetzlich als Frauen anerkannt wären. Das alles ist so absurd!

Fans protestieren gegen Rowling

Zum Glück wird in der Harry-Potter-Fancommunity lautstark Protest geäußert. Denn schon immer hat die Geschichte vor allem auch queere junge Menschen und Außenseiter*innen angesprochen. Viele wenden sich ganz von der Wizarding World ab und boykottieren sämtliche Produkte, mit denen J.K. Rowling Profit macht. Zu Recht, finde ich. Viele queere Fans haben aber eine so emotionale Verbindung zu Harry Potter, dass sie nicht ganz davon ablassen können oder wollen. Einige fordern daher Rowling zu enteignen, sie finanziell und inhaltlich nicht mehr an Harry Potter zu beteiligen. „Harry Potter gehört den Fans und nicht J.K. Rowling!“ sagen sie. Das finde ich auch.

Viele haben auch subversive Strategien, um mit den Harry Potter-Büchern umzugehen, wie zum Beispiel queere Fanfiction oder Podcasts, die kritische Positionen zu den Inhalten und der Autorin besprechen. Als Beispiele möchte ich „Witch Please“ und „Harry Potter and the Sacred Text“ nennen.

Ich bin so richtig angewidert von Rowling und krass sauer auf sie. Aber von so einer blöden TERF will ich mir Harry Potter nicht nehmen lassen. Denn wenn ich meinen Safe Space verliere, würde sie mir erst recht großen Schaden zufügen. Auch wenn es schwer ist, versuche ich deshalb hier Werk und Künstlerin zu trennen. Wenn ich z. B. ein Harry-Potter-Lego-Set möchte, versuche ich es gebraucht zu kaufen, um ihr nicht die finanzielle Bestätigung zu geben. Wir sollten uns alle gegen TERFs wie J.K. Rowling einsetzen und gegen Diskriminierungen kämpfen. Avada Kedavra der Transfeindlichkeit!

Bild: FaulenzA
FaulenzA ist eine in Berlin lebende Rapperin und Autorin („Support Your Sisters Not Your Cisters"). Für SIEGESSÄULE schreibt sie seit einigen Jahren Texte für die Kolumne „Das Letzte".

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