Ausstellung

Macht der Bilder: Queerness in Photography

1. Okt. 2022 Carsten Bauhaus
Bild: 1950 Collection Sebastien Lifshitz

Eine Sammlung widerständiger historischer Fotografien, eine Serie von Originalbildern eines queeren New Yorker Safe Spaces aus den 50er-Jahren, eine von Tilda Swinton kuratierte Hommage an „Orlando“ ... all dies kombiniert mit einem vielfältigen Begleitprogramm: Das ist die Ausstellung „Queerness in Photography“ im C/O Berlin, präsentiert von SIEGESSÄULE

Drei Damen vergnügen sich entspannt auf einer Kinderschaukel. Es sind Männer, die sich im Casa Susanna in den 50er-Jahren ihrer Leidenschaft hingeben: dem Crossdressing. „Das Casa Susanna war ein Safe Space, ein großes Haus in der Nähe von New York, wo sich Männer und Frauen in der Mitte des letzten Jahrhunderts zum Crossdressing getroffen haben“, erklärt Kurator Felix Hoffmann von C/O Berlin. „Es waren nicht nur Schwule und Lesben, sondern auch Menschen aus heterosexuellen Beziehungen, die an diesen Ort kamen, um hier etwas zu sein, was sie sonst nicht leben konnten.“ Die Fotos, die jetzt in einer dreiteiligen Ausstellung gezeigt werden, wurden von der Fotokünstlerin Cindy Sherman auf einem Antikmarkt in New York entdeckt. Sie selbst ließ sich von den Fotografien zu einigen ihrer Arbeiten inspirieren, in denen sie seit Jahrzehnten mit diversen Identitäten spielt und in verschiedene Rollen schlüpft.

Bild: Casa Susanna. Cindy Sherman Sammlung

Ergänzt werden die Aufnahmen von Fotos aus der Sébastien Lifshitz Collection. Der queere Filmemacher aus Frankreich, zweifacher Teddy-Gewinner, hat eine Vielzahl von visuellen Repräsentationsformen für Feminismus, LGBTIQ*-Rechte, Transidentität und die Liberalisierung von Sexualität zusammengetragen. Sie umspannen einen Zeitraum von 120 Jahren, vom 19. Jahrhundert angefangen. In dem historischen Bildmaterial wurde visuell der gesellschaftliche Fortschritt vorweggenommen, der nur deshalb erreicht wurde, weil Menschen sich non-konform verhalten oder den binären Zuschreibungen von Geschlechterkonventionen getrotzt haben.

Bild: 1930 Collection Sebastien Lifshitz

„Es geht bei den drei Ausstellungen zu ,Queerness in Photography‘ auch darum, eine historische Brücke zu schlagen, vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart und das Ganze unter unterschiedlichen Fragestellungen zu beleuchten“, so Kurator Hoffmann. „Das macht das Projekt so besonders. Einerseits die historischen Sammlungen von Fotografien, aus doch recht weit zurückliegender Zeit, und dann die Frage, wie hat sich das im 20. Jahrhundert entwickelt und wo stehen wir heute.“

Die Jetztzeit wird repräsentiert von dem von Tilda Swinton kuratierten Beitrag „Orlando“. Ihre Androgynität in dem gleichnamigen Film von 1992 trug zu ihrem Image als eine der wandlungsfähigsten Schauspieler*innen ihrer Generation bei und etablierte sie endgültig als Ikone in der LGBTIQ*-Community. Ausgehend von ihrer ikonografischen Rolle als Orlando präsentieren die zum Teil eigens konzipierten Arbeiten elf verschiedener Fotokünstler*innen unterschiedliche Blickrichtungen auf Fragen von Identität, Geschlecht, Herkunft und Sexualität.

Bild: 2019 Jamal Nxedlana

Geschlechterfluidität und die Idee eines grenzenlosen Bewusstseins verweben sich hier auf eine neue Art. Abgesehen vom „Orlando“-Beitrag waren die nun im C/O Berlin gezeigten Fotos wohl nie für einen Veröffentlichung bestimmt: „Es wird auch klar, was das damals für ein Sprengstoff war“, so Hoffmann. „Wenn diese Fotos in die Öffentlichkeit gekommen wären, hätten die Dargestellten auch ins Gefängnis kommen können, bis in die 70er/80er-Jahre des letzten Jahrhunderts hinein, je nach Kulturkreis.“

Trotz des privaten Charakters dieser Aufnahmen schwebt über der Ausstellung die Frage, inwieweit Fotografie gesellschaftliche Wandlungsprozesse mit beeinflussen kann. „Zuschreibung und Determinierung ist im Medium der Fotografie angelegt, auch wenn es um Fragen von Sexualität und Geschlecht geht“, erklärt Felix Hoffmann. „Es ist aber vor allem die Kunst, die das reflektieren und andere, neue Fragestellungen entwickeln kann.“

SIEGESSÄULE präsentiert
Queerness in Photography,

noch bis 18.01, Mo–So, 11:00–20:00,
C/O Berlin, Amerika Haus
Hardenbergstr 22–24, Charlottenburg

Begleitprogramm: co-berlin.org

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