Performance in den Sophiensælen: „Mira Fuchs (a reprise)“

Melanie Jame Wolf aka „Mira Fuchs“: „Strippen hat mich geprägt“

21. Okt. 2025 Lara Hansen
Bild: Peter Rosemann
Performerin Melanie Jame Wolf

2015 hat „Mira Fuchs“ die Berliner Tanzszene überrascht. Jetzt kehrt Melanie Jame Wolf mit dem Stück als „a reprise“ zurück in die Sophiensaele – und spricht über lesbisch-queere Zeitlichkeiten, die Kunst des Strippens und den weißen Blick auf die Körper von Sexarbeiter*innen

Zehn Jahre nach der Uraufführung kehrt „Mira Fuchs” zurück – jenes Stück, das Melanie Jame Wolf 2015 den Durchbruch in Berlin brachte. Unter diesem Pseudonym tanzte die gebürtige Australierin in den 2000ern acht Jahre lang in Stripclubs in Melbourne. Heute ist „Mira Fuchs“ ein fragmentarisches Memoire jener Zeit. „Strippen hat mich geprägt“, sagt Wolf im SIEGESSÄULE-Gespräch. „Es gibt Fähigkeiten, die du nur entwickelst, wenn du diese Arbeit gemacht hast: Menschen beruhigen, Nähe steuern, Situationen deeskalieren. Nur wer es selbst erlebt hat, versteht das.“

Lapdance für die Zuschauer*innen

Die Performance besteht aus 13 Fragmenten. In einem Kreis von 40 Zuschauer*innen bietet Wolf jedem nacheinander einen Lapdance an. Je nachdem, wie entschieden wird, verändert sich die Dauer der Show. „Es ist immer eine etwas andere Vorstellung“, sagt sie. „Aber der dramaturgische Imperativ bleibt derselbe.“ Mehr möchte sie nicht vorwegnehmen.

„Mich hat in dem Sinne interessiert, wie ein weißes, bürgerlich-liberales Publikum auf den Körper einer Sexarbeiterin schaut.“

Wolf ging es nie darum, den „Male Gaze“ zu bedienen – „an dem habe ich persönlich gar kein Interesse“, sagt sie. Spannender sei für sie immer ein anderer Blick gewesen: jener heterosexuelle, der Frauen gegenüber „grausam und unversöhnlich“ sei und zugleich das Arbeitsfeld einer Stripperin definiere. „Das Wesen einer Stripperin besteht darin, mit diesem Blick zu operieren. Mich hat in dem Sinne interessiert, wie ein weißes, bürgerlich-liberales Publikum auf den Körper einer Sexarbeiterin schaut. Wir alle haben eine Vorstellung davon, für wen wir uns halten und wer wir dann im Moment sind. Genau das bringt die Show zum Vorschein.“

Zehn Jahre später knüpft Wolf jetzt an diese Fragen an, diesmal verschiebt sich die Perspektive auf Alter und Begehren. Der gesellschaftliche Blick auf Körper bleibt normativ, verändert sich jedoch durch persönliche Erfahrung und queer-lesbische Lesarten.

„Nach einer lesbischen Rechnung sind deine 50er eine heiße, spicy Zeit.“

„Nach einer lesbischen Rechnung sind deine 50er eine heiße, spicy Zeit. Mich interessiert diese Spannung zwischen einem heterosexuellen Blick, der Frauen abwertend altern lässt, und einer lesbischen Perspektive, die ganz andere Vorstellungen von Lust und Attraktivität kennt.“

Wolf ist Quereinsteigerin, nie auf einer Kunstschule gewesen. 2015 öffnete sich ein Markt für „unkonventionelle Biografien“, und sie nutzte die Chance, in der Berliner Szene Fuß zu fassen. Neben „Mira Fuchs“ arbeitet sie solo oder in wechselnden Konstellationen, entwickelt Performances, dreht Filme, arbeitet als bildende Künstlerin und Autorin. „Alles, was ich in den letzten zehn Jahren gelernt habe, fließt jetzt zurück in das Stück.“

Für Wolf ist die Wiederaufnahme dabei weniger Rückkehr als Neuverhandlung. „‚Mira Fuchs‘ war immer ein Stück, das Biografie mit Performance verflochten hat. Jetzt interessiert mich, was passiert, wenn diese Biografie älter geworden ist”, erzählt sie. Am Ende zeigt sich: Das Leben jenseits des heterosexuellen Blicks wird hotter mit dem Alter.

„Mira Fuchs (a reprise)“
24.+25., 21:00
26.+28.–30.10.
Sophiensæle
sophiensaele.de

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