Queere Kunst aus Südafrika

Oase des Widerstands: Ausstellung von Zanele Muholi

14. Dez. 2021 Muri Darida
Bild: Zanele Muholi, erworben mit Mitteln des Africa Acquisitions Committee 2017
Zanele Muholi, Bona, Charlottesville, 2015, Fotografie

Noch bis Mitte März 2022 zeigt der Gropius Bau eine Soloausstellung von Zanele Muholi. Muholi zentriert Schwarze und LGBTIQ*-Netzwerke und arbeitet mit einer Vielzahl queerer Stimmen

Hunderte Augen blicken aus den Rahmen. Es sind Arbeiten aus zwei Jahrzehnten von Zanele Muholi. Muholi (49) begreift sich selbst als visuelle*r Aktivist*in und arbeitet vor allem mit Fotografie. Muholi wuchs während der Apartheid auf und ist ein aktiver Teil der südafrikanischen Schwarzen LGBTIQ*-Community.

Künstler*in, Reporter*in, Aktivist*in

Die Ausstellung im Gropius Bau ist Muholis größte Soloausstellung bisher in Deutschland. Sie verknüpft Arbeiten aus den vergangenen beiden Jahrzehnten, zum Beispiel die frühe Serie „Only Half the Picture“. „Die Serie begann im Jahr 2004 und verhandelt Thematiken wie Hasskriminalität oder Corrective Rape, also Vergewaltigung als Strafe für Homosexualität”, sagt Natasha Ginwala, assoziierte Kuratorin am Gropius Bau im Gespräch mit SIEGESSÄULE. „Die Serie zeigt aber auch, wie queere Netzwerke und die Schwarze lesbische Szene sich gegenseitig unterstützt haben.”

Die Ausstellung zeigt auch Dokumente aus Muholis frühen Jahren als Reporter*in und Aktivist*in. Weitere Arbeiten sind Serien wie „Faces and Phases“ oder „Brave Beauties“. Während ein Großteil der Arbeiten in Schwarz-Weiß gehalten ist, ist „Queer in Public Spaces“ vollkommen in Farbe.

Für die Serie hat Muholi Schwarze queere Personen eingeladen, sich nicht nur in den Townships fotografieren zu lassen. Townships sind die traditionell rassifizierten Stadtteile, in denen Folgen der Apartheid spürbar sind. Stattdessen fotografiert Muholi zum Beispiel am Strand. In Südafrika ist der Strand ein segregierter Raum, den während der Apartheid nur weiße Menschen nutzen durften. „Muholi ermutigt die Protagonist*innen, diesen Raum, die eigenen Rechte und auch den Glamour zu beanspruchen.“

„Die Fotografien generieren Kraft, sie feiern Begehren und gleichzeitig erkennen sie Trauer und Verlust.“

„Faces and Phases“ beinhaltet bereits über 500 Bilder und wirkt laut Ginwala als eine Art „Archiv der gender-diversen Community“. Neben einer Auswahl der Fotos sind auch Videoaufnahmen der porträtierten Personen zu sehen. Über das Zusammenspiel von Porträts und Videos mit eigenen Aussagen erreiche Muholi, die Community selbst ihre Geschichte und Geschichten erzählen zu lassen. „So erschafft Muholi ein gemeinsames Verständnis von den Herausforderungen und Kämpfen, aber auch von der Freude und dem Stolz der Community.“

Die Ausstellung solle so auch für die Berliner LGBTIQ*-Community ein Raum für Stärkung und Selbstermächtigung sein. „Die Fotografien generieren Kraft, sie feiern Begehren und gleichzeitig erkennen sie Trauer und Verlust.“

Fragen nach Repräsentation

Obwohl es eine Soloausstellung ist, beinhalte sie eine Vielzahl von Stimmen und Blicken. Viele der Personen auf den Fotos blicken direkt in die Kamera. „Es sind Blicke, die zurückschauen, Blicke, die sich gegen den weißen heteronormativen Blick von außen auflehnen und ihn infrage stellen“, sagt Ginwala. Die Arbeiten zeigen Personen verschiedenen Alters, trans Frauen und Männer, bisexuelle Menschen, Dragqueens. „Für mich bedeutet die Vielzahl an Blicken eine Oase des Widerstands“, sagt Muholi.

Die Serie von Selbstporträts „Somnyama Ngonyama“ („Hail the Dark Lioness“ auf isiZulu) zeigt Muholi selbst in dramatischen Posen und Rollen und verhandelt Fragen nach race und Repräsentation. Muholis Ausstellung wird begleitet von einem Programm, das Muholis Arbeit mit Themen der Berliner LGBTIQ*-Szene in Verbindung setzt, zum Beispiel mit Filmvorführungen, Diskussionen und Ausstellungstouren oder Beiträgen der Gruppe Poetry Meets.

Zanele Muholi, bis zum 13.03.22, Mi–Mo 10:00–19:00, Gropius Bau, Niederkirchnerstr. 7, Mitte

Bild: Zanele Muholi, Mit Genehmigung der Künstler*in und von Stevenson, Kapstadt/Johannesburg und Yancey Richardson, New York
Zanele Muholi, Miss Tee Menu, Parktown, Johannesburg, 2014, Fotografie

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#Zanele Muholi#Südafrika#LGBTIQ*

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