Vorwurf des sexuellen Missbrauchs

Prozess gegen Berliner HIV-Arzt gestartet

19. Apr. 2021 fs
Bild: canva

Heute begann der Prozess gegen einen bekannten Berliner HIV-Arzt vor dem Berliner Schöffengericht. Dem Arzt wird vorgeworfen, Patienten während der Behandlung missbraucht zu haben. Einen ausführlichen Bericht zum ersten Prozesstag gibt es hier

Wegen mutmaßlichem sexuellem Missbrauch steht seit heute ein Berliner HIV-Schwerpunktarzt vor Gericht. Der nächste von insgesamt zehn Prozesstagen ist für den 26. April angesetzt, eine Entscheidung des Berliner Schöffengerichts könnte am 14. Juni fallen. Bei einer Verurteilung droht dem Arzt eine Haftstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren.

SIEGESSÄULE sprach heute mit Lisa Jani, Pressesprecherin für den Bereich Strafrecht und Richterin am Amtsgericht. Bei dem Prozess werden vier Nebenkläger und eine Nebenklägerin auftreten, berichtete Jani am Telefon. Wegen der geltenden Corona-Hygienevorschriften sind nur sehr wenige Journalist*innen zur Beobachtung des Prozesses zugelassen. Laut Anklageschrift würden dem Arzt „fünf Taten des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs- Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses“ vorgeworfen. Diese sollen sich zwischen August 2011 und Mai 2013 ereignet haben. Zum heutigen Prozessauftakt habe die Verteidigung die Anklagevorwürfe sämtlich als unwahr bezeichnet.

Berichterstattung wieder online

Die Anklage gegen den Arzt war bereits 2016 erhoben worden, unter anderem wegen der Corona-Pandemie wurde der Prozessbeginn jedoch immer wieder verschoben. Besondere Aufmerksamkeit hatte der Fall durch eine Berichterstattung des Vice-Magazins und von Buzzfeed News erlangt. In den Berichten wurden mehrere mutmaßliche Betroffene zitiert, die angaben, von dem Arzt missbraucht worden zu sein. Die Journalist*innen zitierten außerdem Berliner Beratungsstellen, die mit mutmaßlich Betroffenen Kontakt gehabt haben sollen. Auch SIEGESSÄULE-Geschäftsführerin Gudrun Fertig kam in einem der Artikel zu Wort.

Der Mediziner versuchte in der Folge, mit einer Unterlassungsklage zu erwirken, dass die Artikel aus dem Netz genommen werden. Im Oktober 2019 gab ihm das Berliner Landgericht zunächst Recht: die Art und Weise, wie die Vorwürfe beschrieben wurden, sei „vorverurteilend“, die Berichte wurden offline gestellt. Die Medien legten dagegen Berufung ein, das Kammergericht Berlin revidierte dann im Dezember das Urteil zum Teil. Die Journalist*innen hätten zahlreiche Belege gesammelt, auch gebe es ein berechtigtes öffentliches Interesse an dem Fall. Weite Teile der Berichterstattung seien demnach zulässig, einige Passagen mussten jedoch überarbeitet werden, bevor die Artikel erneut veröffentlicht werden konnten.

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