„Anti-Homosexualitätsgesetz“ verabschiedet

Queeren Menschen in Uganda droht die Todesstrafe

22. März 2023 pb
Bild: Alisdare Hickson CC BY-SA 2.0 Quelle
Solidaritätsmarsch in London für LGBTIQ* in Uganda

Am Dienstag, den 21.03., hat das Parlament in Uganda das „Anti-Homosexualitätsgesetz“ verabschiedet. Queeren Menschen drohen lange Haftstrafen, in speziellen Fällen sogar die Todesstrafe

Am 21. März hat das ugandische Parlament das „Anti-Homosexualitätsgesetz“ verabschiedet und damit die bereits bestehenden Repressionen gegen queere Menschen verschärft. Die Vorlage des Gesetzes, die nur noch vom ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni unterzeichnet werden muss, kriminalisiert Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* Menschen sowie ihre Allies mit lebenslanger Haft, in bestimmten Fällen sogar mit der Todesstrafe.

Laut dem Nachrichtensender Al Jazeera wird gleichgeschlechtlicher Sex mit dem Tod bestraft, wenn eine der beteiligten Personen HIV-positiv ist. Auch bei Sex mit Minderjährigen und behinderten Menschen droht die Todesstrafe. Jugendliche, die an einvernehmlichen, homosexuellen Handlungen beteiligt sind, werden ebenfalls nach dem Gesetzesentwurf mit bis zu drei Jahren Haft bestraft.

Darüber hinaus kriminalisiert das Gesetz auch Allies der LGBTIQ*-Community. Wer queeren Menschen in Not medizinische Versorgung, Wohnraum und Rechtsberatung anbietet oder sich in den Medien queerfreundlich äußert, kann mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Darstellung von queeren Lebensweisen in den Medien soll außerdem strafrechtlich verfolgt werden.

Eines der diskriminierendsten Gesetze weltweit

Die Menschenrechtsorganisation Let's Walk Uganda schätzt den Gesetzentwurf im weltweiten Vergleich als eines der diskriminierendsten Rechtsdokumente gegen queere Menschen ein. Die Organisation setzt sich für queere Rechte in Uganda ein und bietet in der Hauptstadt Kampala obdachlosen LGBTIQ* eine sichere Unterkunft. Um die Arbeit fortsetzen zu können, hat die Organisation eine Spendenkampagne auf der Plattform Go Fund Me initiiert. Angesichts des neuen Gesetzes befürchtet die Hilfsorganisation eine noch nie dagewesene Vertreibung von Menschen.

„Die internationale Gemeinschaft muss schnell und gemeinsam handeln, damit das Gesetz nicht in Kraft tritt.“

„Die Verabschiedung des Gesetzes ist als ein unmenschlicher Akt zu verurteilen. Die internationale Gemeinschaft muss schnell und gemeinsam handeln, damit das Gesetz nicht in Kraft tritt“, fordert der ugandische Queer-Aktivist und Gründer von Let's Walk Uganda Edward Mutebi. „Sie muss sich aber auch auf den schlimmsten Fall vorbereiten: Regierungen und zivilgesellschaftliche Organisationen müssen bestehende LGBTIQ* Community-Organisationen in Uganda unterstützen und legale Möglichkeiten zur sicheren Flucht für Menschen in akuter Gefahr schaffen.“

Aktivist*innen setzen ihre Hoffnung nun in das Verfassungsgericht, vor dem das Gesetz angefochten werden kann. Aber schon die Verabschiedung stelle eine Lebensgefahr für Betroffene dar: „Die Erfahrungen aus der vorläufigen Verabschiedung des verfassungswidrigen Anti-Homosexualitätsgesetzes 2013 zeigen, dass die LGBTIQ* Gemeinschaft nach der Verabschiedung des Gesetzes mit Massenverhaftungen, Polizeigewalt und Obdachlosigkeit konfrontiert sein wird“, befürchtet Edward Muteb. Er beobachtet „fast täglich öffentliche Aufrufe zum Genozid an der LGBTIQ* Gemeinschaft“.

Der Sprecher des US-Sicherheitsrats John Kirby sagte am Mittwoch, dass die US-Regierung erwäge, Uganda wirtschaftliche Sanktionen aufzuerlegen. Die Sprecherin des Weißen Hauses Karine Jean-Pierre sei zudem besorgt, dass das Gesetz den Kampf gegen HIV und Aids aufs Spiel setzen könnte.

Solidarität aus der Community

Um das queerfeindliche Gesetz zu stoppen hat das Kampagnenbündnis AllOut eine Petition und eine Spendenkampagne gestartet. In einem offenen Schreiben wird der Präsidenten Yoweri Museveni daran erinnert, dass Uganda die Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) unterzeichnet hatte: „Dies ist eine verbindliche internationale Verpflichtung. Der Gesetzesentwurf, den Sie in Betracht ziehen, steht jedoch eindeutig im Widerspruch zu mehreren Artikeln der AEMR, darunter dem Recht auf Privatsphäre, dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Recht auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz.“

Auf der Plattform WeAct veröffentlichte auch die LGBTIQ*-Organisation „Let's Walk Uganda“ eine Petition. Die Initiator*innen sehen die deutsche Bundesregierung „insbesondere angesichts ihrer feministischen Außenpolitik in der Verantwortung, präventive und reparative diplomatische Maßnahmen gegen solch queerfeindliche Politik in Uganda zu initiieren.“

In Solidarität mit der LGBTIQ*-Community in Uganda hat außerdem der Berliner Queer-Aktivist und Filmemacher Harvey Rabbit eine Kampagne über die Spenden-Plattform Go Fund Me gestartet. Die Einnahmen gehen an das Happy Family Youth Shelter, einer Organisation in Kampala, die Schutz, Unterkünfte und Gesundheitsversorgung für obdachlose Queers bereitstellt.

„Es ist wichtig, dass wir queeren Menschen in Berlin genau hinschauen“ sagt Harvey Rabbit gegenüber SIEGESSÄULE. „Es ist ein Privileg, offen und stolz durch unsere schöne Stadt zu gehen und eine lebendige Drag- und Nightlife-Szene zu haben. Wir müssen uns damit befassen, wie queere Menschen in anderen Teilen der Welt behandelt werden. Keine*r von uns ist frei, bis wir nicht alle frei sind.“

Kritik aus Deutschland

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann verurteilte das Gesetz aufs Schärfste. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter bezeichnete er den Gesetzesentwurf als „Kriegserklärung an die Menschenrechte und die ugandische Gesellschaft.“ Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Luise Amtsberg zeigte sich bestürzt und appellierte an den Präsidenten von Uganda, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. Auf Twitter beschrieb sie die Todesstrafe als „zutiefst unmenschlich“ und drückte ihre Solidarität mit der LGBTIQ* Community in Uganda aus.

Abschiebestopp und Rückzug von Diplomat*innen gefordert

Der LSVD forderte das Auswärtige Amt auf, alle diplomatischen Mittel zu nutzen, um die Unterzeichnung des Gesetzes zu verhindern. Dazu zähle neben dem Rückzug von Diplomat*innen auch eine Reisewarnung für Uganda auszusprechen. Es sei die Verantwortung der Kirchen sowie Entwicklungs-Organisationen in Uganda, sich öffentlich und lautstark gegen das Gesetz zu positionieren. „Die kürzlich vorgestellten Richtlinien für feministische Außenpolitik, feministische Entwicklungspolitik und das LSBTI-Inklusionskonzept für Auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit von 2021 müssen konsequent angewandt werden,“ betonte Philipp Braun aus dem LSVD-Bundesvorstand.

Diese Ansicht teilt auch Kathrin Vogler, die Sprecherin für Queerpolitik der Fraktion DIE LINKE: „Sowohl das Auswärtige Amt als auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung müssen diplomatischen Druck ausüben.“

Darüber hinaus sprach sich Cornelia Möhring, die Sprecherin für Entwicklungspolitik der Bundestagsfraktion DIE LINKE, dafür aus, LGBTIQ* Personen aus Uganda sichere Fluchtrouten zu ermöglichen und unkompliziert Asyl zu gewähren: „Ein Abschiebestopp nach Uganda ist nun mehr denn je dringend notwendig und menschenrechtlich geboten!“

Uganda zählt zu den 32 afrikanischen Ländern, in denen homosexuelle Handlungen gesetzlich verboten sind. Dennoch sei es wichtig, die Entwicklung in Uganda „in ihrer Komplexität zu betrachten“, betonte Möhring: Der gezielte Export des fundamentalistisch evangelikalen Christentums nach Afrika und der Kolonialismus sind Faktoren, die in vielen afrikanischen Ländern Queerfeindlichkeit begünstigt haben.

Präsident will das Gesetz überarbeiten

Präsident Yoweri Museveni kündigte am Abend des 20. April an, das Gesetz erst nach einer Überarbeitung zu unterzeichnen. Grund dafür seien Bedenken, dass das Gesetz rechtlich angreifbar sein könnte. Unklar blieb, welche Passagen überarbeitet werden sollen und ob sich die Veränderungen positiv auf LGBTIQ*-Menschen auswirken werden. Ebenso ist noch nicht bekannt, wann das Gesetz in Kraft treten soll.

Offener Brief fordert Hilfe für LGBTIQ* in Uganda

Am 2. Mai verabschiedete das ugandische Parlament ein leicht überarbeitetes Anti-Homosexualitätsgesetz. An dem hohen Strafmaß, mit dem homosexuelle Handlungen geahndet werden, hat sich nichts verändert. Der Gesetzesentwurf stellte lediglich klar, dass die Selbstbezeichnung als homosexuell noch keine Straftat sei, sehr wohl aber die „Beteiligungen an homosexuellen Handlungen“.

In Reaktion darauf veröffentlichten am Freitag, den 12. Mai, rund achtzig namhafte Persönlichkeiten und Institutionen aus Deutschland einen Offenen Brief. Die Bundesregierung wird dazu aufgefordert, alles Erdenkliche zu tun, um das Gesetz zu stoppen, die queere Community in Uganda finanziell zu unterstützen sowie humanitäre Visa bereitzustellen.

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