Berlinale

Queeres Drama über Migrant*innen gewinnt Teddy Award

28. Feb. 2020 Michaela Dudley
Bild: Edition Salzgeber
Szenenfoto „Futur Drei"

Der Teddy-Award in der Kategorie „Bester Spielfilm“ ging in diesem Jahr an „Futur Drei“. Michaela Dudley berichtet von der Verleihung in der Volksbühne

Das deutsche Drama „Futur Drei“ ist der Gewinner des Teddy Awards 2020 in der Kategorie des besten Spielfilmes. Das autobiographisch geprägte Regiedebüt von Faraz Shariat porträtiert Parvis, den queeren, sorglos lebenden Sohn zweier in Hildesheim ansässiger Exil-Iraner, als dieser das gerade aus dem Iran geflüchtete Geschwisterpaar Amon und Banafshe kennenlernt. Die Ménage-à-trois vor dem Hintergrund des Lebens als Migrant*in in Deutschland überzeugte nicht nur die siebenköpfige Jury, der Coming-of-Age-Streifen erhielt auch den von queer.de vergebenen Teddy Readers Award.

Bei der Verleihung, die Freitagabend in der Berliner Volksbühne stattfand, gab es starke musikalische Darbietungen von der trans Saxophonistin Holly Schlott und dem extravaganten Sänger Leopold, dessen Single „This“ ein starkes Zeichen gegen Hass setzt. Ein wahres Juwel war der Auftritt des Kontratenors Edson Cordeiro mit dem Babylon Orchester Berlin mit dem „Lila Lied“, der schwul-lesbischen Hymne der Weimarer Republik. Währenddessen wurden Auszüge aus dem unter Mitwirkung von Magnus Hirschfeld entstandenen Film „Anders als die anderen“ (1919) gezeigt.

Die Galazeremonie am Rosa-Luxemburg-Platz war die 34. Ausgabe des Teddy Awards, des weltweit ersten offiziellen Preises für LGBTI*-Filme auf einem A-Festival. 1987 wurde der Teddy zum ersten Mal verliehen. Die Berlinale, die dieses Jahr ihr 70. Jubiläum feiert, wartete wieder mit einer interessanten Auswahl an Filmen mit LGBTI*-Bezug auf. In der Kategorie Spielfilm gab es diesmal 17 verschiedene Filme mit queerer Thematik. „Futur Drei“ konnte sich gegen ebenbürtige Werke wie das satirische Biopic „The Twentieth Century“ und das Drama „Shirley“ durchsetzen.

Als bester Dokumentarfilm wurde „Si c’était de l’amour“ ausgezeichnet, ein Film, der mit geballter erotischer Energie in Gisèle Viennes Rave-Tanzstück „Crowd“ eintaucht. Regisseur Patric Chiha nahm seinen Preis über Skype entgegen. Das knapp 14 Minuten lange argentinische Werk „Playback. Ensayo de una despedida“ von Agustina Comedi erhielt den Teddy für den besten Kurzfilm. Darin erzählt die trans Frau La Delpi von ihren bunten Kellershows - ein Protest gegen die Polizeigewalt in den 80er-Jahren und den Umgang mit HIV und Aids. Der Special Jury Award wurde an den Spielfilm „Rizi“ aus Taiwan verliehen, Tsai Ming-Liangs gefühlvolle Erzählung über die sexuelle Begegnung zweier einsamer Männer.

Standing Ovations für Doku über Tschetschenien

Der von Unternehmer Harald Christ gesponserte und in diesem Jahr zum ersten Mal vergebene Teddy Activist Award ging an die Protagonist*innen von „Welcome to Chechnya“, die mit einem lang anhaltenden stehenden Beifall beglückwünscht wurden. Der Dokumentarfilm von David France begleitet russische LGBTI*-Aktivist*innen, während sie unter Einsatz ihres Lebens versuchen, systematisch verfolgte queere Menschen in Tschetschenien vor Folter und Mord zu retten.

Michael Stütz, seit 2019 alleiniger Leiter der Berlinale-Sektion Panorama und zugleich Projektleiter des Teddy Awards, betonte, dass er Wert darauf lege, Filme zu zeigen, die „aufwühlen und aufrütteln“. Moderatorin Annie Heger forderte das Publikum sogar gleich zu Beginn auf, sich gegen den Rechtsextremismus zu erheben, aber eben nicht zur Schweigeminute. Nein, man solle laut gegen Gewalt und Ausgrenzung brüllen. Niemand blieb sitzen, niemand schwieg.

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