Interview

Rosa von Praunheims Musical „Die Bettwurst"

13. Sept. 2022 Eckhard Weber
Bild: Barbara Braun

Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Bar jeder Vernunft hat Rosa von Praunheim kurz vor seinem 80. Geburtstag seinen Filmklassiker „Die Bettwurst“ als Musical inszeniert. Eckhard Weber sprach mit dem schwulen Film- und Theaterregisseur

Rosa, wie kam es dazu, aus der Vielzahl deiner Filme deinen frühen Erfolg „Die Bettwurst“ von 1971 als Vorlage für ein Musical heranzuziehen? Die Idee kam von Lutz Deisinger, dem Co-Gründer- und -Leiter der Bar jeder Vernunft und des Tipi. Er ist ein Fan des Films. Die Bar jeder Vernunft ist eine tolle Institution, da war ich gleich angetan von diesem Vorschlag.

Wie war es für dich, dich nach all den Jahren wieder mit dem Filmstoff zu befassen? „Die Bettwurst“ ist ja ein Kultklassiker geworden wie auch „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“. „Die Bettwurst“ wurde auch immer wieder von jungen Leuten neu entdeckt. Im Internet kann man sehen, wie Leute Szenen nachspielen aus dem Film. Insofern ist er frisch geblieben und kein alter Hut.

Es heißt, mit „Die Bettwurst“ sei Camp ins deutsche Kino eingezogen … Kann man so sehen. Aber ich meine, „Die Bettwurst“ ist eher ein sozialkritischer Film über heterosexuelle Liebesgeschichten, hier von zwei Außenseiter*innen, die so etwas mit allen Klischees versuchen nachzuahmen. Ich bin sehr verbunden mit dem amerikanischen Underground-Film – Elemente davon sind in „Die Bettwurst“, aber mein Film ist politischer.

Wie habt ihr den Film überhaupt in eine Musical-Form übertragen? Es gibt über 20 Songs, deren Texte ich geschrieben habe. Diese Songs kommen im ursprünglichen Film nicht vor, insofern ist es eine neue Arbeit, angeregt von der Struktur des Films. Diese ist geblieben: Luzi und Dietmar treffen sich zufällig in Kiel. Er ist ein schwuler Mann, muss sich vor seinen kriminellen Freunden verstecken und nimmt die Gelegenheit wahr, sich in der Beziehung zur älteren Frau Luzi heterosexuell zu betätigen. Das wird dann zur Parodie.

„Da brauchten wir gar nichts zu modernisieren. Die heterosexuelle Kleinfamilie ist ja weiterhin populär."

Die Zeiten haben sich seit 1971 geändert, die Sehgewohnheiten auch. Wie gelingt es euch heute, den anarchischen Stachel ins Musical zu überführen? Da brauchten wir gar nichts zu modernisieren. Die heterosexuelle Kleinfamilie ist ja weiterhin populär. Wir haben damals gedacht, dass wir in größeren Gemeinschaften besser leben könnten. Das hat sich als Irrtum erwiesen. Die Kleinfamilie, die noch immer nicht funktioniert, ist geblieben. Die Schwulen und Lesben haben sogar das Recht erstritten, zu heiraten, was ja eine reine Kopie dieser heterosexuellen Ehe ist, die wir damals im schwulen Film abgelehnt haben.

Der Darsteller des Dietmar im Musical, Heiner Bomhard, hat die Musik komponiert. Wie war die Zusammenarbeit? Ich habe die Songtexte geliefert und Heiner hat nach und nach die Songs komponiert. Wir haben bereits am Deutschen Theater Berlin in zwei Stücken von mir zusammengearbeitet: 2018 in „Jeder Idiot hat eine Oma, nur ich nicht“, einem autobiografischen Musical, und 2020 in „Hitlers Ziege und die Hämorrhoiden des Königs“ über Hitler und Friedrich den Großen. Beides waren Komödien mit Musik von Heiner, der auch jeweils eine der Hauptrollen spielte. Dadurch, dass ich seine Musik kenne und sehr schätze, lief das jetzt auch toll. Anna Mateur, die ich ebenfalls sehr verehre, spielt die Luzi.

Also wird es ein Zwei-Personen-Stück? Nein, es gibt neben der Band noch drei Chordarsteller*innen, die übernehmen alle Nebenrollen. Ich tauche auch kurz auf.

Macht es eigentlich für dich einen Unterschied, ob du als Regisseur am Filmset oder auf der Theaterbühne arbeitest? Da sehe ich keinen großen Unterschied. Mein Prinzip ist immer, mit sehr lebendigen, fantasievollen Darsteller*innen zu arbeiten. Das ist immer die halbe Miete. Für mich ist es deshalb ein großes Erlebnis, mit Anna Mateur und Heiner Bomhard die Produktion zu machen.


SIEGESSÄULE präsentiert
Die Bettwurst – Das Musical!,
13.+15.+16.09., 20:00,
18.09., 19:00,
20.–24.09., 20:00,
25.09., 19:00,
27.+28.+30.09., 20:00,
01.10., 20:00,
02.10., 19:00,
Bar jeder Vernunft

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