Schlagermusical „Oh What A Night“

Schlagerstar Daniel Johnson in erster schwuler Bühnenrolle

2. Sept. 2025 Kevin Clarke
Bild: Keykey Photography / Sabine Meyer-Schmidt
Daniel Johnson, am 02. und 05. – 07.09. in „Oh What A Night“ in der Bar jeder Vernunft

Der Sänger Daniel Johnson wuchs als Sohn eines britischen Soldaten und einer deutschen Mutter in Paderborn auf – mit Pophits von Madonna und George Michael. Dann entdeckte er deutsche Schlager und beschloss, dem reaktionären Genre einen deutlichen schwulen Touch zu verpassen. SIEGESSÄULE traf ihn in Berlin zum Interview

Der deutsche Schlager hat nicht gerade den besten Ruf. Vielen gilt er als intellektuell belanglos und schnulzig, andere sehen die dazugehörige Branche als „krass“ homophob. Trotzdem fühlte sich der damals 14-jährige Deutschbrite magisch angezogen, als er in der Tanzschule in Paderborn erstmals mit Schlager in Berührung kam. Er staunte über die Herzschmerzhymnen von Andrea Berg und Michelle und darüber, wie bei Discofox über diesen Schmerz hinweggetanzt wurde. Paradox, ja. Aber auch befreiend. Eine Form von Lebensbewältigung, die er als schwuler Teenager gut gebrauchen konnte.

Johnson fiel damals schon auf, dass es keine männlichen Stimmen in dem Genre gab, die von „seinen“ Gefühlen sangen, weswegen er sich an Interpretinnen hielt. Dass er selbst einmal Schlager singen würde, hatte er in seiner Coming-of-Age-Zeit nicht auf dem Schirm. Auch nicht, was für ein Kampf mit Radiosendern, Redakteur*innen, Plattenfirmen und teils auch Fans es einmal sein würde, in Liedern wie „Romeo an Julian“ positiv über die Liebe zwischen Männern zu singen. Oder in Interviews klipp und klar über seinen Ehemann zu sprechen, wenn er nach seinem Beziehungsstatus gefragt wird. Doch Johnson entschloss sich, diesen Kampf aufzunehmen.

„How to act straight“

Als er noch Musical studierte, musste er einen Workshop absolvieren, in dem er „How to act straight“ lernen sollte. Man fand sein Auftreten zu „feminin“, was damals als karriereschädigend galt. Auch bei seinem ersten Vorsprechen bei einem Plattenlabel riet man ihm, sich doch bitte „männlicher“ zu präsentieren. Man bat ihn auch, in der Öffentlichkeit nicht von seinem Mann zu sprechen, sondern Dinge „neutraler“ zu halten.

Denn im Schlagergeschäft stößt offene Homosexualität oft auf Ablehnung. Für viele ist allein das Kopfkino bei dem Thema automatisch pornografisch, etwas, womit sie nicht „belästigt“ werden wollen. Auch Radioredakteure (meist heterosexuell und cis männlich) haben Berührungsängste. Sie spielen schwule Titel nicht so oft wie andere, allgemeiner gehaltene Lieder von Johnson, zum Beispiel „Besser geht nicht“ von seinem gleichnamigen Debütalbum.

Schlagermusical in der Bar jeder Vernunft

Inzwischen ist der heute 33-Jährige nach Berlin gezogen. Eine Art Befreiungsschlag, auch wenn seine Mutter meinte, Berlin sei „sooooo gefährlich“. Hier tritt er aktuell in der Bar jeder Vernunft im Schlagermusical „Oh What A Night“ erstmals in einer schwulen Bühnenrolle auf, bei der er nicht straight acten muss.

Zugleich ist das Aufnahmestudio seiner Boyband Team 5ünf in Berlin. Diese besingt zwar keine LGBTIQ*-Themen, verlangt aber von Johnson auch nicht, Storys über erfundene Girlfriends zu verbreiten. Im Gegenteil. Er „darf“ als Bandmitglied unverstellt und offen schwul sein. Und kann mit seinen Kollegen Jay Khan, Joel de Tombe, Dennis „Dnice“ Somuha und Prince Damien vor Massenpublikum auftreten, in Stadien sowie TV-Sendungen von Florian Silbereisen & Co.

Momentan pendelt Johnson zwischen Berlin und Freiburg, wo er mit seinem Mann (einem gebürtigen Berliner) ein Haus mit Garten hat. „The best of both worlds“, sagt Johnson. Seine aktuelle Single „Dominik und ich“ kam am 22. August raus und ist wieder eine Hymne an die Liebe – schwule Liebe. Selbst wenn das einige ewig gestrige Schlagerfans auf die Palme treiben wird.

Daniel Johnson in „Oh What A Night“
02. und 05. – 07.09.
Bar jeder Vernunft
bar-jeder-vernunft.de/oh-what-a-night

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