Stilikone Günther Krabbenhöft: Einmal Raver – immer Raver!

Gesund bleiben durch Feiern? Günther Krabbenhöft, bekannt durch stilvolles Auftreten in Technoclubs, verrät im Interview mit SIEGESSÄULE, was ihn fit hält. Am 06. September ist er zu Besuch bei Jurassica Parka
Günther, außer als Autor und Stilikone bist du für deine Leidenschaft zum Techno bekannt. Du bist 80 und jedes Wochenende in den Clubs Berlins anzutreffen. Wie kann man sich dein klassisches Party-Wochenende vorstellen? Also so, wie es noch vor ein paar Jahren gewesen ist, als ich wirklich von Donnerstag bis Sonntag unterwegs war, ist es heute nicht mehr. Wie in jeder Beziehung – und hier war es die Beziehung zur Party – geht die Liebe nicht weg, aber sie nimmt mit der Zeit eine normale Dimension an. Als ich vor zehn Jahren angefangen hab, in die Technoclubs zu gehen, war alles neu und aufregend – eine exzessive Zeit. Das mache ich heute nicht mehr so. Ich muss ja auch mit meinen natürlichen Ressourcen auskommen, während andere vielleicht ein bisschen Unterstützung haben, um die Nacht durchzuhalten. Allerdings gehe ich auch anders aus als manch’ junge Leute. Die setzen sich dann zwischendurch mal hin und plauschen, aber ich bin ja zum Tanzen da. Wenn ich vier Stunden nonstop tanze – und das tue ich –, dann reicht mir das.
„Wenn ich vier Stunden nonstop tanze – und das tue ich –, dann reicht mir das.“
Auch wenn Berlins Clubpublikum sehr divers ist, stellst du wahrscheinlich mit deinem Alter eine Ausnahme dar? Wie ist die Resonanz? Ich hab ja ganz lang eine Schere im Kopf gehabt und mit mir gekämpft: „Wenn ich da jetzt hingehe, dann denken die sich vielleicht: ‚Was will denn der Alte hier, der kriegt gleich ‘nen Herzkasper und dann ist die Party zu Ende.‘“ Aber das war alles nie so. Ich hab nur positive Reaktionen bekommen, wie: „Hey, ich hab dich beobachtet, und du bist so cool dabei.“ Die Leute kommen auf mich zu und sagen mir, dass ich für sie eine Inspiration und ein Vorbild sei. Das ist total toll. Ich kriege gespiegelt, dass ich sichtbar bin. Unter den jungen Leuten denken auch viele, dass sie unbedingt jetzt alles erlebt haben müssen – nachher geht‘s nicht mehr. Da hab ich gedacht: „Leute, da könnt ihr ganz beruhigt sein. Ihr müsst das einfach nur weiter in euch tragen, konservieren und dann bricht das wieder aus.“ Einmal Raver – immer Raver!
„Darum geht es letztendlich: gesund leben, ohne zu vergessen, dass das Leben auch Spaß machen muss. Runter vom Sofa, rein ins Leben.“
Wie hältst du dich fit? Ist die Party dein Workout? Ich halte mich ganz normal fit. Gerade im Alter ist es noch wichtiger als in der Jugend. Mir geht es eher darum, meinen Körper immer ein bisschen herauszufordern, um mir möglichst lange selbst die Schuhe zumachen zu können. Darum geht es letztendlich: gesund leben, ohne zu vergessen, dass das Leben auch Spaß machen muss. Runter vom Sofa, rein ins Leben. Und am wohlsten fühle ich mich, wenn ich feiern kann, ohne mir die Nacht um die Ohren schlagen zu müssen. In Berlin ist ja das große Glück, dass man auch Sonntagvormittag einsteigen kann in die Feierei. Und wenn ich diesen Vormittag dann ausdehne bis in den Abend, bin ich doch bestens bedient als 80-Jähriger, oder?
Welchen Stellenwert hat Sexualität in deinem Leben? Alles verändert sich, selbst Sexualität. Das ist aber auf jeden Fall noch immer ein Wunsch und das hört auch nicht auf. Ich hatte ja Beziehungen, hatte eine Ehe, hab Kinder bekommen, Enkelkinder, und hab dann eine lange Zeit auch alleine gelebt. Und das war wunderbar. Die schwule Szene erlebe ich ganz normal im Alltag, im Supermarkt, in den Technoclubs unter all den anderen Ravern. In den 1980ern waren noch mehr schwule Cafés und Kneipen Anlaufstellen für die Szene – heute sind queere Menschen überall anzutreffen, und das ist für mich genau richtig so. Aber andere Dinge sind manchmal einfach noch geiler, wie enge Freundschaften. Zwischenmenschliche Begegnungen werden oft unterschätzt – doch die können so schön sein. Immer nur direkt zum letzten Akt zu wollen ist so schade. Außerdem bin ich kein Mensch, der nur über seine Sexualität gesehen werden möchte. Ich will mit allen Menschen leben, deswegen bewege ich mich nicht in einer Blase nur mit meinesgleichen. Das wär mir zu wenig. Das ist etwas, was mich wachsen lässt – auch mit 80.
Was rätst du Menschen, die im Alter auch wieder Lust aufs Tanzengehen bekommen? Aus Erfahrung kann ich sagen, dass es immer um eine Sache geht: Mut – vertraute Wege zu verlassen und über Grenzen zu gehen. Ich kann da nur sagen: Folgt eurem Herzen! Und wenn ihr etwas mit Neugierde und Freude macht, dann kann nichts peinlich sein. Wenn es euch glücklich macht, dann kann es nicht falsch sein.
Günther Krabbenhöft: „Sei einfach du! – Zum Jungsein bist du nie zu alt“
HarperCollins, 176 Seiten, 16 Euro
Jurassica Parka: Paillette geht immer
mit Talkgast Günther Krabbenhöft
06.09., 23:59, BKA Theater
bka-theater.de/content
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