Wo Pionierarbeit weg-verwaltet wird

Berlin nimmt gern für sich in Anspruch, eine Vorreiterrolle zu spielen. Was oft mehr Schein als Sein ist, stimmt allemal auch bei der Geschichte der vor fünf Jahren von der Partei Die Linke initiierten und auf den Weg gebrachten „Initiative Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“. Einzigartig und bahnbrechend war diese 2009, weil Berlin als erstes Bundesland umfassend einen Aktionsplan gegen Homophobie beschloss, der die eigene Verwaltung, Bildungseinrichtungen, Schulen und LBGTI-Projekte zum konkreten Handeln verpflichtete. Weiterbildung, Vernetzung, Aufklärung, Öffentlichkeitsarbeit, finanzielle Ausstattung sowie die Pflicht der Überwachung der Maßnahmen und ihre Auswertung waren darin verankert.
Was sich zunächst gut anließ und laut Mitiniator Klaus Lederer (Landesvorsitzender Die Linke) „mehr als ein Auftrag an die Berliner Verwaltung war, sondern ein Prozess“, versandete leider jäh mit dem Regierungswechsel in Berlin 2011 und der großen Koalition zwischen CDU und SPD. Eisiges Schweigen und Ignorieren aller seitdem eingebrachten Anträge im Zusammenhang mit der Initiative sind die Realität der letzten zweieinhalb Jahre. So war es ein eher trauriges Jubiläum, zu dem Klaus Lederer und Carsten Schatz von der Linken gestern ins Abgeordnetenhaus luden und versuchten eine Bilanz zu ziehen. Berliner Projekte wie Lambda, Lesbenberatung, Schwule Lehrer in der GEW und andere zogen eine positive Anfangsbilanz, verwiesen aber auch auf die unklare Lage und die unüberwindbaren Mauern, die sich mit der großen Koalition leider aufgebaut hätten. Allein positiv: die Solidarisierung der Berliner Projekte und das Gefühl, gemeinsam an einem Strang zu ziehen – in der Berliner LBGTI-Szene, die von vielen eher als unsolidarisches Haifischbecken wahrgenommen wird, eine angenehme Ausnahmeerscheinung.
Warum allerdings ein so moderner und guter Aktionsplan nicht weiter fortgeführt wird, sondern wie Klaus Lederer es ausdrückte „wegverwaltet“ wird, bleibt nicht nur rätselhaft, sondern auch höchst ärgerlich. Mittlerweile wurde Berlin in dieser Hinsicht von anderen Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, Bremen oder Nordrhein-Westfalen nämlich längst überholt!
kay
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