ESC

Das erste ESC-Halbfinale

20. Mai 2015

20.05. – Am Dienstagabend fiel der Startschuss zum alljährlichen ESC- Spektakel. Conchita begrüßte im weißen Abendkleid und mit ihrer Hymne „Rise Like a Phoenix“  die sechzehn teilnehmenden Länder des ersten Halbfinales in der Wiener Stadthalle. 

Danach verschwand sie im Green Room und versagte leider dabei, die Kandidaten aus dem Backstage zu präsentieren. Ihr charmantes Wesen ging aufgrund der einstudierten Moderationsfloskeln, mit denen sie einige der Künstler und Künstlerinnen interviewte, völlig verloren.

Ähnlich spröde wirkten die drei Hauptmoderatorinnen des Abends. Arabella Kiesbauer, die uns in den 90iger Jahren im deutschen Fernsehen mit ihrer eigenen Talkshow malträtierte, wirkte in ihrer schlecht sitzenden pistazienfarbenen Abendrobe etwas deplaziert. Mirjam Wechselbraun, ehemalige MTV Moderatorin, mimte das Blondchen vom Dienst. Einzig allein die Österreicherin Alice Tumler überzeugte mit Eleganz und Bühnenpräsenz. 

Womit wir gleich beim ersten Kandidaten des Abends wären, denn wenn Eduard Romanyuta etwas nicht hat, ist es Bühnenpräsenz. In diesem Jahr trat er als erster Showact für Moldavien an und eröffnete den Musikwettbewerb gleich mit den ersten schiefen Tönen. Nicht verwunderlich. Der blonde Schönling trat zwischen 2011 und 2013 drei mal für die Ukraine an und scheiterte kläglich. Auch in diesem Jahr hat es nichts genützt, dass er sich auf der Bühne sein T-Shirt vom Leib reißen ließ: Moldavien hat es nicht ins Finale geschafft.

Als Zweites ging Armenien ins Rennen und sorgte mit der politisch aufgeladenen Nummer „Face the Shadow“ für eine Überraschung. Die sechs Mitglieder der Formation Genealogy stammen von fünf verschiedenen Kontinenten mit armenischen Wurzeln. In ihrer dramatisch arrangierten Ballade verarbeiten sie den armenischen Völkermord. Damit schafften sie es ins Finale.

Leider nicht geschafft haben es die Finnen mit einem ähnlich gewagtem Experiment. Die Band Pertti Kurikan Nimipäivät tritt mit dem wohl kürzesten Beitrag aller Zeiten auf. Der Punksong „Aina mun pitää" ist nur 1:30 Minuten lang und wird in der Landessprache präsentiert.

Außerdem ausgeschieden sind: Trijntje Oosterhui aus den Niederlanden. Die erfahrene Sängerin hat zwar bereits mit Burt Bacharach Alben aufgenommen, konnte aber mit ihrem Song nicht überzeugen. In ihrem seltsamen Jumpsuit, der an ein explodiertes Flughörnchen erinnerte, machte sie trotz toller Stimme wahrlich keine gute Figur.

Uzari und Maimuna aus Weißrussland. Bereits im Jahr 2011 stand Uzari als Backgroundtänzer für Weißrussland im Halbfinale auf der Bühne. Aber auch die virtuose Vialinistin Maimuna konnte ihn dieses Mal nicht weiter bringen.

Daniel Kajmakoski aus Mazedonien. Der Binnenstaat sorgte im Vorfeld für einen kleinen Skandal. Beim Voting gab es einen Abstimmbetrug. Dieser wurde sogar nachgewiesen. Doch die Punktzahl von Daniel Kajmakoski wurde dabei nicht manipuliert. Beim Halbfinale flog er trotzdem raus.

Anti Social Media aus Dänemark. Schade eigentlich, denn die vier Jungs sind wirklich süß. Der rothaarige Frontmann Philip Thornhill präsentierte einen soliden Popsong mit Retro-Elementen. Allerdings gründete sich die Band erst drei Monate vor dem dänischen Vorentscheid im Februar. Eventuell war die fehlende Erfahrung ein Kriterium …

Der ESC war schon immer queerer, viel mehr schwuler Kult. Mit Conchita Wurst wurde im letzten Jahr die unangefochtene Königin der Außenseiter gekürt und auch wenn eine Frau mit Bart wahrscheinlich nie zu toppen sein wird, gab es neben Regenbogenfahnen im Publikum auch schon bei diesem Vorentscheid einige Kandidaten die sicherlich das schwule Herz höher schlagen lassen.

Neben Polina Gagarina aus Russland, die vor allem mit ihrem Illuminierten Bühnenkleid, eine Idee die nahezu eins zu eins von einer Performance von Jennifer Lopez abgekupfert wurde, für Aufsehen sorgte, ist sicherlich der Belgier Loïc Nottet besonders ins Auge gefallen. Der 19-Jährige hätte sicherlich aufgrund seines Aussehens eine Rolle in einem Twink-Porno ergattern können. Doch er überzeugte mit einem sehr professionellem Auftritt und dem sehr modernen Song „Rhythm Inside“, den er mit in seiner hohen Stimme intonierte.

Der Höhepunkt kam allerdings aus Serbien. Bojana Stamenov ist die typische füllige Diva, die bei keinem ESC fehlen darf. Am Anfang der Performance erinnerte sie an Adele, steigerte sich dann aber in einen Beth Ditto-artigen Gesangsorkan. Die Vergleiche mit anderen  fülligen Sängerinnen mögen etwas einfallslos daher kommen. Doch wer mit einem pathetischen Titel wie „Beauty Never Lies“ daherkommt und einer Textzeile wie „Finally I can say , yes, I’m diff’rent, and it’s okay!“ muss wohl mit Schlimmerem rechnen. Von der Windmaschine, die beim Auftritt zum Einsatz kam, ist allerdings abzuraten. Die überdimensionale Silberrobe die Bojana trug, bekam dadurch noch mehr Volumen und lenkte fast von der Stimmgewalt der Sängerin ab.

Auch der erste Vorentscheid zeigte einmal wieder, dass die Live-Performances den Songs, die beim Durchhören oft ziemlich banal daherkommen, eine ganz andere Qualität verleihen. Leider hört man hier auch, dass nicht wirklich alle Kandidaten und Kandidatinnen gute Sängerinnen bzw. Sänger sind.

Wir dürfen gespannt sein, wie viele schiefe Töne uns im zweiten Halbfinale am Donnerstag den 21.Mai erwarten.

Das Siegessäule Logo
Das Branchenbuch mit Haltung
Queer. Divers. Überzeugend.