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Nennt mich Caitlyn

4. Juni 2015

Am Anfang der Woche wurde ein Twitter-Rekord gebrochen. Nachdem Caitlyn Jenner dem Message-Portal beitrat, hatte sie innerhalb von vier Stunden mehr als eine Million Follower. Damit überholte sie US-Präsident Obama, der erst zwei Wochen zuvor ein ähnliches Ergebnis erreichte.

Als Bruce Jenner war sie Ende der 70er-Jahre eine der erfolgreichsten olympischen Athleten und stellte diverse Weltrekorde auf. Danach folgten viele Fernsehauftritte und einige Ehen. Die letzte Ehefrau Kris Kardashian, Mutter von Reality TV-Star und Multimillionärin Kim Kardashian, heiratete Bruce 1991. Sie brachte vier Kinder in die neue Familie mit und bekam mit Bruce noch zwei weitere Töchter.

Die Patchworkfamilie erlangte weltweite Berühmtheit, nachdem sie im Jahr 2007 mit dem Reality TV-Format „Keeping Up With the Kardashians“ auf Sendung ging – stets begleitet von Spott und Kritik an der Trivialität der Serie. Kamerateams begleiteten die ProtagonistInnen auf Schritt und Tritt, ob vor den Traualtar oder in den Kreißsaal.

In den letzten Jahren rutschte Bruce Jenner im TV-Format immer weiter in den Hintergrund und familiäre Probleme zeichneten sich ab. 2014 folgte dann die Scheidung von Kris. Von den Paparazzi wurde Bruce Jenner aber weiter belagert. In den Boulevardblättern lästerte man über die diversen Schönheitsoperationen und stellte die Vermutung auf, dass Bruce als Frau leben möchte. Lange gab es dazu kein öffentliches Statement.

Vor einem Monat wurde ein zweistündiges Interview der bekannten amerikanischen Moderatorin Diane Sawyer ausgestrahlt, in der Jenner ihr Coming-out als Trans*frau hatte. Damals war es für sie noch okay, mit dem Namen Bruce angsprochen zu werden, doch die 65-Jährige kündigte öffentlichkeitswirksam an, es würde bald eine Enthüllung geben.

Montagabend war es dann so weit. Das amerikanische Lifestyle Magazin Vanity Fair veröffentlichte online sein Juni-Cover mit der Headline „Call me Caitlyn“. Darauf ist Jenner in einer weißen Corsage und in aufreizender Pose zu sehen, festgehalten von Starfotografin Annie Leibovitz. Dieses Foto sorgte dann auch für den neuen Twitter-Rekord. Die Resonanz in Amerika ist zwiegespalten: Es gibt die üblichen Gegner, die jetzt mit einer Petition erreichen wollen, dass Jenner ihre Olympiamedaillen wieder abgeben soll. Demgegenüber wird Caitlyn Jenner mit Glückwünschen für ihren Mut überhäuft und gilt für viele als eine neue Trans*ikone. Denn niemals zuvor hat eine Transition so viel Aufmerksamkeit erregt und Zuschauer, Leser und Follower generiert wie in diesem Fall. Die Stadt Tel Aviv hat sie heute, am 04.06., als Ehrengast zur diesjährigen Gay-Pride-Parade eingeladen.

Caitlyn Jenner bleibt dem Businessplan der Kardashians treu. Demnächst wird es ein achtteiliges Reality TV-Format geben, das zeigen soll, wie sie es geschafft hat, die Frau zu werden, die sie schon immer war. Im Trailer zur Show hört man sie bei einer Autofahrt sagen: „Wäre es nicht toll, wenn wir eines Tages ganz normal wären und uns einfach in die Gesellschaft einfügen könnten. Lasst es mich so formulieren: I am the new normal!“

Kaey

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