Frankreichs erste schwule Hochzeit nach neuem Recht
Sie sind die ersten: Vincent Autin (40) und Bruno Boileau (30) haben am heutigen Abend im Rathaus von Montpellier nach dem neuen Recht der „Ehe für Alle“ geheiratet. Standesbeamte war die Bürgermeisterin Helene Mandroux persönlich, eine Sozialistin und damit Parteigenossin von Präsident Hollande, der das Gesetz zur Öffnung der Ehe nach monatelanger harter Debatte durchgeboxt hatte (Siegessaeule.de berichtete). Rund 400 JournalistInnen aus aller Welt waren angereist. „Es könnte einschüchternd werden“, sagte Bräutigam Boileau vor der Zeremonie, „aber das Wichtigste ist: Gleichheit für alle! Jetzt dürfen alle im Rathaus heiraten!“ Die Eheöffnung für Schwule und Lesben war offiziell am 18. Mai eingeführt worden.
Die Proteste gegen die Homoehe werden radikaler
Ende gut, alles gut? Nicht ganz: Die Proteste gegen die Öffnung der Ehe gehen weiter, obwohl das Gesetz verabschiedet ist. Nicht nur das, sie werden sogar radikaler: Am vergangenen Sonntag demostrierten rund 150.000 Menschen in Paris gegen die Neuregelung, die Veranstalter sprachen von einer Million Menschen. Im Anschluss kam es zu Ausschreitungen: Hunderte zumeist jugendliche DemonstrantInnen warfen Rauchbomben, randalierten und griffen Polizei und PressevertreterInnen mit Flaschen, Steinen und Eisenstangen an. Dabei skandierten sie „Frankreich den Franzosen!“ und „Diktatur der Sozialisten!“

Die Polizei war mit einem Großaufgebot von 4.500 BeamtInnen vor Ort und nahm mehr als 350 Personen fest. 36 Menschen wurden bei den Krawallen leicht verletzt, darunter 34 Polizisten, ein Pressefotograf und ein Demonstrant. Innenminister Manuel Valls machte rechtsextreme Gruppierungen für die Gewalt verantwortlich. Diese hatten sich bereits in den vergangenen Monaten zunehmend an den Protesten beteiligt und sie für ihre eigene Darstellung genutzt.
Nun steht die Bewegung „Demo für alle“ (eine Referenz auf den Slogan „Ehe für alle“) vor der Spaltung und Radikalisierung. Nicht alle gingen auf die Straße: Sogar Frigide Barjot, bisherige Sprecherin und Ikone der Protestierenden, stets telegen in ihrem pinken Outfit, hatte sich nicht auf die Demonstration getraut. Sie fürchtete um ihre Sicherheit, nachdem sie in der letzten Woche erklärt hatte, ihrer Meinung nach sei die Zeit der Demonstrationen vorbei. Einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage zufolge unterstützen sie 72 Prozent der Franzosen und wollen ein Ende der Proteste. Doch die GegnerInnen der Homo-Ehe können offenbar weiterhin großen Rückhalt organisieren. „Es ist noch nicht zu Ende, wir fangen gerade erst an,“ drohten Teilnehmer der Demonstration am Sonntag.
Malte Göbel