Container statt Wagen. KANAL von Räumung bedroht

Der Wagenplatz KANAL (früher: Schwarzer Kanal) sieht sich akut von Räumung bedroht. Während dem Projekt das Zusammenleben mit Geflüchteten seit einem Jahr vertraglich untersagt werden soll, plant der Bezirk, auf dem Gelände nun 500 Geflüchtete in einer Sammelunterkunft unterzubringen
„No Racist Contract / We won’t go!“ hat der Radical Queer Wagenplatz KANAL seine Pressekonferenz am Freitag kämpferisch überschrieben, die von BewohnerInnen und Personen aus den Projekten am KANAL gemeinsam abgehalten wurde. Der Bezirk plant, auf dem Gelände 500 Geflüchtete in sogenannten „modularen Unterkünften für Flüchtlinge“ (MUF) unterzubringen. Das Vorhaben verfolgt nach Ansicht der SprecherInnen vor allem den Zweck, den Wagenplatz in seiner jetzigen Form als selbstverwalteten Ort zu verdrängen. Die geplanten MUFs seien als menschunwürdige „Massenlager“ strikt abzulehnen. „In dieser Art von Lagern gibt es für Frauen keinen Respekt, keine Sicherheit. Der Kanal ist der einzige Ort hier, wo wir uns sicher fühlen“, betonte Jennifer vom International Women* Space.
Die SprecherInnen hoben vor allem die zentrale Bedeutung des KANAL hervor „als einzigartiger sozialer, kultureller und politischer Raum – vor allem als sicherer Rahmen und Projektort für besonders Schutzbedürftige wie queere Schwarze Menschen, PoC, Migrantinnen, Refugeefrauen und Rromnija“. Initiativen wie Women in Exile, International Women* Space, Queer Refugee Group, Fahrradwerksatt für Geflüchtete und weitere selbstverwaltete und emanzipatorische Projekte würden durch die Pläne des Bezirks eine wichtige, vertrauensvolle Basis verlieren. Geflüchtete Trans*personen könnten hier ohne Angst vor Diskriminierung Deutsch-Sprachkurse besuchen, Refugee-Frauen ohne sexistische Alltagsdiskriminierung selbst Werkzeug in die Hand nehmen, sich empowern, solidarisieren und vernetzen, betont Rajaa, Bewohnerin und eine der Sprecherinnen: „Wir wollen selbstbestimmt handlungsorientiert sein!“. Jedes Jahr findet auf dem Platz auch das entzaubert queer D.I.Y. Filmfestival statt. Alle Projekte werden von Bewohner*innen und Externen ausschließlich ehrenamtlich gestemmt.
Von dem Vorhaben des Bezirks hatte der Wagenplatz lediglich aus der Presse erfahren, erstmals im Dezember. Offiziell informiert worden sei man bis Freitagmorgen nicht. Besonders heikel ist die Situation für den KANAL, da er seit zwei Jahren über eine Verlängerung des Nutzungsvertrags verhandelt (SIEGESSÄULE berichtete). Den letzten Vertragsentwurf vom Frühjahr 2015 seitens der zuständigen Berliner Immobilien Management GmbH (BIM), die die landeseigene Fläche verwaltet, lehnt er weiter ab. Darin schließt die BIM „die Unterbringung von Flüchtlingen“ – unter Androhung fristloser Kündigung – auf dem Gelände kategorisch aus. Die Leiterin der BIM war am Freitagmorgen mit zwei Gutachtern auf dem Gelände des KANAL erschienen um Bodenproben zu nehmen, da bislang unklar ist, ob das ehemalige Fabrikgelände womöglich toxische Belastungen aufweist. „Frau Möhring hat heute Morgen noch einmal betont, dass diese rassistische Klausel Teil des Vertrags bleiben soll. Viele von uns sind oder waren selbst Geflüchtete, das werden wir nicht akzeptieren oder unterzeichnen“, so eine Sprecherin.
Melanie Götz
Info: Interessierte sind eingeladen, kommenden Montag (14.03., 17:00) auf den Wagenplatz KANAL zu kommen: Der Ausschuss für Verwaltung und Gleichstellung wird dann vor Ort beraten, wie es mit dem Platz weitergehen soll
In der April-Ausgabe der SIEGESSÄULE steht ein Interview mit den BewohnerInnen des KANAL.