Fast ein Glamrock-Fossil. Am 16.03. spielt John Howard im Monarch

16.03 – Okay: Kundige 70s-Pop-Aficionados mögen einwenden, dass John Howard bereits 2005, als die britische Fachpresse sein wiederveröffentlichtes Dramapop-Debüt „Kid In A Big World“ pries und er seine Comeback-CD „As I Was Saying“ präsentierte, von einem Duo begleitet wurde. Bei John Howard & The Night Mail bringt sich aber jedes Mitglied auch als Songwriter ein. Handelt es sich doch bei Ian Button, Andy Lewis und Robert Rotifer allesamt um Household-Names gepflegter Retrokultur. Letzterer hat sich unter anderem als Protestsong-Revivalist hervorgetan und mit „Tip Of Your Shoe“ eine New-Labour-Abrechnung kreiert, die für Howards pointierte Phrasierung wie geschaffen ist. Zugleich schlägt sie den Bogen zu dessen sozialkritischem Frühwerk „Goodbye Suzie“, jener Power-Ballade, die mit fassbinderscher Klarheit den gleichgültig aufgenommenen Selbstmord eines Provinzmädchens nachzeichnet und musikalisch alle Ingredienzen vereint, die Bowies „Life On Mars“, Elton Johns „Rocket Man“ und Gilbert O'Sullivans „Nothing Rhymed“ so unwiderstehlich machten.
Dass Howards Single-Debüt erst drei Dekaden später in die Reihe jener Klassiker aufgenommen wurde, lag jedoch weniger am Sujet, sondern – wie Howard Jahre später erfuhr – an der Homophobie im BBC-Direktorium. Selbst wenn sich der damals 22-Jährige nicht so sinnenfroh zeigte wie sein kalifornischer Zeitgenosse Jobriath (im Anzug verströmte er vielmehr jene Art Unschuld, die BRD-Sozialisierte an Ilja Richter erinnern dürfte), war Howards Zunge in der Wange unübersehbar, als er 1976 in einer TV-Show frohlockte: „I got my lady and she got me“. Die dazugehörige Balladensammlung „Can You Hear Me OK?“ hätte Fans von Queen und 10cc sicher beglückt, doch wurde sie damals erst gar nicht veröffentlicht. An solchen Unwägbarkeiten wären manch andere verbittert. Nicht so John Howard, der zum einen über die Gabe verfügt, dergleichen Erfahrungen wohlklingend zu verarbeiten (zum Beispiel: „Safety In Numbers“), zum anderen die Weihen unabhängiger Vermarktung nutzt wie kaum ein anderer seiner Generation.
Und doch kann es den Night-Mail-Männern nicht hoch genug angerechnet werden, dem seit 2007 in Spanien lebenden Sixty-Something eine Studio-Session in der alten Heimat ermöglicht zu haben. Denn deren elf Früchte erweisen sich als idealer Aperitif für das inzwischen mehr als ein Dutzend Alben zählende John-Howard-Œuvre!
Markus von Schwerin
John Howard & The Night Mail, 16.03., 20:00, Monarch