ESC

Good Evening Europe!

12. Mai 2016
Sascha Osmialowski

Mädels stellt den Sekt kalt: It’s the most wonderful time of the year. Am Samstag geht das geilste Musikevent der Welt über die Bühne. Und das schlimmste. Kreischende Diven, dampfende Kleider, Goldregen, Männer mit Nagellack, weiße Wölfe, Ex-Boygroup Stars, noch mehr Goldregen – beim Eurovision Song Contest wird wieder richtig dick aufgetragen. Ein Garant für gute Musik war der ESC noch nie. Doch es ist und bleibt die beste Show der TV-Geschichte, weil sie so wunderbar uncool ist.

Hier die Must-Sees im SIEGESSÄULE-Check – natürlich total subjektiv zusammengestellt: 

RUSSLAND
Sergej Lazarev – You are the only one
Im Pressezentrum ist die Lage relativ klar. Sergej holt den Sieg nach Moskau. Die Russen wollen das unbedingt. Alles ist so schrecklich perfekt auf ESC getrimmt: Sänger. Komposition. Performance. Aufwendig. Aufdringlich. Teuer. Boring. Fazit: Er wird’s. So richtig wahrhaben will es aber niemand.

UNGARN
Freddie - Pioneer
Das Leckerhäppchen des Abends. Mutti will ihn, deine Schwester will ihn, dein Boyfriend will ihn. Wer da trommelt? Egal. Was er singt? Wumpe.

FRANKREICH
Amir – J’ai cherché
Flott. Der Song macht gute Laune. In den Quoten auf der Zwei. Hier in Stockholm wollen alle Homos, dass er gewinnt. Damit wegen der fiesen LGBT-Rechtslage niemand nach Russland muss nächstes Jahr. Der fesche Amir verlässt sich auf sein strahlendes Lächeln und seine lockere Art. Ob das für den Sieg reicht? Unwahrscheinlich.

KROATIEN
Nina Kraljic - Lighthouse
Endlich. Ein Trickkleid. Vorher hässlich, nachher hässlich. Das ist der ESC, sowas will ich sehen. Der Song wirkt wie eine B-Seite von den Cranberries, die hatten 1994 mal einen Nummer 1-Hit. 1994 eben.

LETTLAND
Justs – Heartbeat
Elektropop. Einer der wenigen Songs, die man wirklich ernst nehmen kann. Oder auch nächste Woche noch im Radio hören, ohne dass einem das Ohr blutet. Allein deswegen ein würdiger Kandidat für die Top 10.

AUSTRALIEN
Dami Im – Sound of Silence
Die Aussies sind frisch im ESC Geschäft. Die nehmen den Wettbewerb ernst, schicken international erfolgreiche Künstler, für die es wahre Freude ist, nach Europa zu jetten. Die beste Ballade dieses Jahr. Und das geilste Kleid.

ISRAEL
Hovi Star – Made of Stars
Der einzig offen schwule Interpret dieses Jahr. Mit einem Lächeln wie Bette Midler. Was man auf der Bühne kaum sieht, denn er singt eine reduzierte Powerballade. Aber hach: Mono-Rhönrad. Glitzerhandschuhe. Goldregen. Eine Menge Make-up. Alles, was ich immer in meinem Kinderzimmer haben wollte.

UKRAINE
Jamala - 1944
Es gibt ihn doch, den politischen Beitrag dieses Jahr. Ein Wunder, dass die Veranstalter die Kritik an die Vertreibung der Krimtartaren zugelassen haben. Russland hatte protestiert. Jamala meint was sie singt. Das ist Kunst. Das ist echt. Die Jurys werden es lieben. Fazit: Top 8 und eine heulende Interpretin.  

DEUTSCHLAND
Jamie Lee – Ghost
Ach ja, wir sind dieses Jahr auch wieder dabei. Auf der Bühne macht sie ihre Sache gar nicht schlecht und auch sonst lächelt das Mangagirl aus dem Weserbergland ganz sweet in die Kameras. Aber aus dem Song ist nicht viel rauszuholen. Schlimmer als letztes Jahr kann’s ja eh nicht werden.

Sascha Osmialowski

Eurovision Song Contest, 2. Halbfinale, 12.05., 21:00, Phoenix, Eins Festival

Eurovision Song Contest, Finale, 14.05., 21:00, ARD, Eins Festival

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