News im Überblick: Demo in Berlin gegen Moskauer Antihomo-Gesetz / Bundestagskommission findet Situation für LSBTI in Schulen „erschütternd“ / CDU-SPD Senat: Streichung bei der Lesbenberatung abgewendet, Fortführung der ISV noch unklar

Demo in Berlin gegen Moskauer Antihomo-Gesetz
13.6. – Nicht nur in Moskau, auch in Berlin wurde gestern gegen das russische Gesetz gegen „Homosexuellen-Propaganda“ demonstriert: Zwischen 50 und 100 DemonstrantInnen machten vor der russischen Botschaft am Nachmittag Stimmung gegen das nun verabschiedete Gesetz, das das öffentliche Reden über Schwule und Lesben vor Jugendlichen unter Strafe stellt. Russische AktivistInnen sehen schlimme Folgen für die jetzt schon äußerst angespannte Situation für LSBTI (Lesben, Schwule, Bi, Trans* und Intersexuelle) in Russland: etwa noch mehr Selbstmorde von LSBTI-Jugendlichen aufgrund verbotener Beratung und Unterstützung sowie höhere HIV-Infektionszahlen aus demselben Grund. Angemeldet hatten die Demo die deutsch-russische Menschenrechtsgruppe iDecembrists und Amnesty International. Ebenfalls bei der Demo anwesend waren Thomas Birk (Bündnis90/Die Grünen)und Volker Beck, der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen: Durch das Antipropagandagesetz würden „homophobe Ressentiments befeuert“, so Beck. Und weiter: „Es öffnet Tür und Tor für behördliche Willkür. Denn nun kann praktisch jedes öffentliche Bekenntnis zu Homosexualität bestraft werden.“

Foto: vlnr Melanie Bittner, Christian Naumann, Conny Kempe-Schälicke (c) cm
Bundestagskommission findet Situation für LSBTI in Schulen „erschütternd“
13.6. – Im Juni-Heft der Siegessäule stellen wir queere HeldInnen des Alltags vor – weitere HeldInnen konnten gestern im Bundestag bestaunt werden, allen voran der 21-jährige Christian Naumann vom Schwulen Netzwerk SchLau aus Nordrhein-Westfalen. Naumann war von der Kinderkommission des Bundestages als Experte geladen, um von seiner Arbeit als Schulaufklärer über LSBTI zu berichten. Über die abgrundtiefe Homophobie, die an deutschen Schulen teilweise immer noch herrscht, war die Vorständin der Kommission nach Naumanns Bericht „erschüttert“: Es habe sich ja nicht viel geändert in den letzten 20 Jahren, so Beate Walter-Rosenheimer (Bündnis90/Die Grünen). Ebenfalls als Expertin berichtete Melanie Bittner über die Darstellung von LSBTI in Schulbüchern: LBTI würden in den Lernmaterialien meist entweder als Ausnahmen dargestellt oder gänzlich ignoriert (PDF-dowload iher Studie zum Thema hier). Conny Kempe-Schälike von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft musste leider auch für Berlin bestätigen, dass LSBTI an Schulen oftmals schlimmste Erfahrungen machen. Sie selbst erhalte für ihren Aufklärungs-Einsatz sogar Morddrohungen, so Kempe-Schälike.

Foto: Stefan Evers, Tom Schreiber (c) cm
CDU-SPD Senat: Streichung bei der Lesbenberatung abgewendet, Fortführung der ISV noch unklar
Die beste Nachricht des heutigen Pressegesprächs mit Tom Schreiber (queerpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion) und Stefan Evers (stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion): Die finanziellen Streichungen bei der Lesbenberatung wurden zurückgenommen. Wie siegessäule.de berichtete, sollten dem Verein für die zweite Hälfte des Jahres vom Senat 15.000 Euro weniger zur Verfügung gestellt werden. Durch „Ausquetschen des Etats“ sei das nun abgewendet worden, so Evers. Claudia Apfelbacher von der Lesbenberatung ist erleichtert: „Nach einem sechswöchigen Protest freuen wir uns sehr über unseren Erfolg. Wir möchten uns bei all unseren Unterstützer_innen bedanken, die als Projekte und Einzelpersonen ihre Solidarität und Wertschätzung für unsere Arbeit so laut kundtaten.“
Ein weiteres Thema war die Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ (ISV) Diese wurde 2009 vom damaligen rot-roten Senat (DieLinke&SPD) eingeführt worden. Schreiber und Evers äußerten viele Wünsche, von Aufklärungskampagnen an Schulen bis Fortbildungen in den Verwaltungen – sehr konkret konnte die Zukunft des ISV jedoch nicht beschrieben werden. Der aktuelle Zensus (Volkszählung) sorge dafür, dass Berlin weniger Geld zur Verfügung stünde, so Evers. Inwieweit das auch die ISV beeinflusse, konnten die Evers und Schreiber nicht sagen. Es würden jedoch alle aktuellen Projekte der ISV fortgeführt, so Schreiber. Klaus Lederer von DieLinke, der die ISV 2009 mit initiiert hatte, kommentiert: „Warme Worte brauchen wir jetzt nicht mehr, sondern Taten. Der ISV wurde bereits im Doppelhaushalt 2011/2012 zusammengestrichen, den Rest der jetzigen ISV nicht auch noch zusammenzustreichen, das reicht nicht.“
Christian Mentz
Eine Petition zur Fortführung bzw zum Ausbau der ISV gibt es hier: