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Tegan & Sara: „Boyfriend“

6. Juli 2016

Mit ihrem achten Album „Love You To Death“ bauen die lesbischen Zwillinge Tegan und Sara aus Kanada ihren Status als radiotaugliche Popsensation weiter aus, ohne dabei ihre queeren Wurzeln zu verschleiern. SIEGESSÄULE-Autor Lawrence Ferber traf Tegan (Foto, li.) zum Gespräch in New York

Foto: WMG

Tegan, über die letzten zwei Alben habt ihr euch von einem gitarrenlastigen Indieact zu einem eher glatten, stylishen Synthiepop-Duo gewandelt, irgendwo zwischen Annie und Katy Perry. Wie kam es zu diesem Wandel?
Ich bin mit der Musik von Prince, Cyndi Lauper, Depeche Mode und New Order groß geworden. Ich denke, eine Menge dieser Einflüsse kommt jetzt einfach durch. Viele Leute thematisieren gerade, dass wir nicht mehr so viel Gitarre spielen. Dazu muss man aber sagen, dass wir ja beide eigentlich eine klassische Klavierausbildung genossen haben. Wir fingen so mit fünf an und hatten Unterricht, bis wir 16 waren. Jetzt in unserer Musik zu Keyboards überzugehen, fühlt sich also genau richtig an.

Ihr habt beide feste Freundinnen und viele der Songs auf „Love You To Death“ handeln von Beziehungen. Ist Liebe gerade euer Thema?
Ich habe immer viel geschrieben, wenn ich in einer Beziehung war, habe mich dabei aber meistens mit vergangenen Geschichten auseinandergesetzt. Sara ist seit fünf Jahren mit ihrer Freundin zusammen und schrieb entsprechend eine Menge darüber und über die Fragen, mit denen man sich auseinandersetzen muss, wenn man so lange zusammen ist. Sie hat aber auch unsere Beziehung in den Texten verarbeitet und all die Probleme, die wir hatten. Der Titel des Albums, „Love You To Death“, ist ein Spiel mit dem Eheversprechen „Bis dass der Tod uns scheidet“. Es geht um die Kämpfe, die man ausfechten muss, wenn man so eng miteinander verbunden ist, wie wir es sind. Nicht nur, weil wir eineiige Zwillinge sind, quasi das gleiche Gesicht haben, sondern weil wir uns auch noch dazu entschieden haben, zusammen eine Karriere aufzubauen. Unsere Konflikte sind mittlerweile überwunden, und wir haben ein großartiges Leben und eine tolle Karriere – aber wir mussten ganz schön durch die Scheiße kriechen, um dahin zu kommen.

Habt ihr jemals versucht, euren jeweiligen Liebhaberinnen einen Streich zu spielen, indem ihr euch als die andere ausgegeben habt?
Nein, weil wir uns nie so krass in dieses Zwillingsding reingesteigert haben. Gerade in den letzten Jahren haben wir einen ziemlich unterschiedlichen Look entwickelt, diese Tausch-Nummer hätte also ohnehin nicht wirklich geklappt. Auf Fotos spielen wir zwar immer mit unserer Ähnlichkeit, aber wenn man uns im wirklichen Leben trifft, dürfte nach 30 Sekunden klar sein, dass wir komplett unterschiedliche Menschen sind.

Auf Tour seid ihr viel rumgekommen. Wo habt ihr dabei die interessanteste queere Szene vorgefunden?
Wir gehen eigentlich nicht aus, wenn wir auf Tour sind, dafür liegt der Fokus zu sehr auf unserer Arbeit. Also keine Partys und Clubs. Aber ich erinnere mich, als wir mit der letzten Platte in Mitteleuropa unterwegs waren, gab es in Kroatien eine Abstimmung, bei der es um die Gleichberechtigung von LGBTI-Menschen ging, und die Leute dort waren alle total aus dem Häuschen deswegen. Unsere Show in Zagreb lief ziemlich gut, wir hatten viel mehr Tickets verkauft als erwartet. Nach der Show erzählten uns die ganzen Medienleute, dass unser Konzert als eine Art Treffpunkt für LGBTIs und ihre Supporter kommuniziert worden war. Deshalb der Ansturm. Das war krass, und uns wurde bewusst, wie sehr wir unsere privilegierte Situation in Kanada und an anderen Orten für selbstverständlich nehmen, während es für viele Leute überall auf der Welt ganz anders aussieht.

Interview: Lawrence Ferber

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