Berliner CSD 2013 – Bericht und Bilder hier!

Groß waren die Erwartungen an den diesjährigen Berliner CSD gewesen. Eine der politischsten Paraden seit Jahren wurde vorhergesagt, und das aus vielen Gründen. Die Debatte um gleiche Rechte für Schwule und Lesben wurde in Deutschland durch Urteile aus Karlsruhe immer neu befeuert.
International scheint die Schere zwischen LSBTI-freundlicher und -diskriminierender Politik immer weiter auseinanderzugehen. Während sich US-Präsident Obama seit Beginn seiner zweiten Amtszeit verstärkt für die Rechte der „gay brothers and sisters“ einsetzt, verabschiedet die russische Duma ein landesweites Gesetz gegen sogenannte „Schwulenpropaganda“. In Frankreich gehen Hunderttausende gegen die Öffnung der Ehe auf die Straße, und Argentinien verabschiedet als weltweit erster Staat ein Gesetz, nach dem jeder Bürger und jede Bürgerin selbst über seine geschlechtliche Identität entscheiden darf.
„Es ist viel weniger der reine Hedonismus, es sind viel mehr politische Forderungen sichtbar“
Diese nationalen und internationalen Entwicklungen bildeten den Hintergrund für einen politischeren 35. Berliner CSD. Paraden-Besucher Hans-Florian, der am CSD auch seinen 35. Geburtstag feierte, war sich mit seinen Freunden und Freudinnen einig: „Dieser CSD ist politischer als die letzten Jahre: Es ist viel weniger der reine Hedonismus, es sind viel mehr politische Forderungen sichtbar und vor allem hörbar. Ich finde das gut!“
Zwei Adressaten der politischen Forderungen stachen heraus: Merkel und Putin. Die deutsche Kanzlerin wurde für ihre ablehnende Haltung in Sachen Gleichstellung geschmäht, auf den Plakaten standen giftige Sprüche wie „Frau Merkel, Schluss mit den Märchen“. Andere erklärten ein „Ehe-Verbot für CDU/CSU-Mitgliederinnen*“ und „CDU-Wählen ist heilbar“.
Der russische Präsident Putin wurde für seine LSBTI*-feindliche Politik zur Rede gestellt: „Mr. Putin, tear down this law!“, „Mr. Putin, relax it's only sex!“. Immer wieder wandten sich die Demonstrierenden direkt an die Opfer der rigiden russischen Gesetzgebung, um ihre Solidarität zu erklären: „Queers of Russia, we are with you“. „Mehr Homo-Propaganda auch in Russland!“ stand auf einem anderen, den Titel des Gesetzes ins Gegenteil verkehrenden Plakat.
Eine weitere Aktion fand vor dem Konrad-Adenauer-Haus statt, der Bundesgeschäftsstelle der CDU. Hier standen hier auf einem Podest drei AktivistInnen, zwei von ihnen waren in die roten Roben der Bundesverfassungsrichter gehüllt und hielten in ihrer Mitte eine als Angela Merkel verkleidete Frau in Handschellen fest. Der Grund war auf einem Plakat daneben zu lesen: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Artikel 3 Grundgesetz“. Offenbar hat Merkel gegen diesen Grundsatz des Zusammelebens verstoßen.
Michael Thiele