Radikal und unerschrocken: Special Teddy für Monika Treut

„Diese Mischung aus Fäkaliensprache und Erotik kann niemandem zugemutet werden“, urteilte der damalige Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (CSU), nachdem ihm das Drehbuch zu Monika Treuts Spielfilmdebüt „Verführung: Die grausame Frau“ (1985) vorgelegt wurde. Aus der angedachten Förderung von 250.000 DM wurde dann nichts. Umso schöner, dass die damals 30-jährige Filmemacherin – in Co-Regie mit Elfi Mikesch – diesen Meilenstein des subversiven queer-feministischen Kinos trotzdem realisierte.
Und nicht nur das: Auf unzähligen internationalen Festivals wurde der experimentelle Film rund um weibliche Lust und S/M-Praktiken einem größtenteils begeisterten Publikum „zugemutet“. Es folgten diverse Auszeichnungen und weitere Filme, die Treut zu einer Vorreiterin des New Queer Cinema machten.
Die lesbische Regisseurin und Produzentin wird am 17. Februar mit dem Special Teddy Award ausgezeichnet. Der LGBT-Filmpreis Teddy wird seit 1987 während der Berlinale an Filmschaffende verliehen, die sich in besonders gelungener und nachhaltiger Weise mit LGBTI-Themen befassen und so einen Beitrag für mehr Toleranz, Gleichstellung, Akzeptanz und Vielfalt in der Gesellschaft leisten. Bereits 1999 hatte Treuts Dokumentation „Gendernauts“, der einen unterhaltsamen und berührenden Blick in die Transgender-Szene San Franciscos gewährt, den Teddy Award in der Sparte „Bester Dokumentarfilm“ gewonnen.
Mit dem Special Teddy wird die unerschrockene Avantgardistin nun für ihr Lebenswerk geehrt. „Monika Treut prägte nicht nur das feministische und lesbische Kino seit den Achtzigerjahren, sondern auch die deutschsprachige unabhängige Filmszene und inspirierte als Wegbereiterin des New Queer Cinema bis hinein ins US-amerikanische Indie-Kino“, so die Begründung der Jury.
Mit ihren eher konventionell erzählten Filmen der letzten Jahre, etwa den lesbischen Liebesdramen „Ghosted“ (2009) und „Von Mädchen und Pferden“ (2014), eroberte Treut dann auch die Herzen eines eher am Mainstream orientierten Publikums. Für immer in Erinnerung bleiben werden jedoch vor allem ihre experimentellen und provokanten Werke aus den späten 80er und frühen 90er Jahren, als Treut in den USA lebte. Allen voran „Die Jungfrauenmaschine“ (1988), der in brüchigem Schwarz-Weiß die Streifzüge einer deutschen Journalistin durch die lesbische Szene San Franciscos begleitet und dabei augenzwinkernd die romantische Liebe dekonstruiert. Annie Sprinkle als charmante Porno-Queen in NYC, die einen bayerischen Spießer verführt, die feministische Autorin Susie Sexpert, die ausführlich ihre Dildo-Sammlung erläutert – heute erscheinen Treuts Doku-Collagen eines offenen, progressiven Amerika wie Relikte einer Epoche, die spätestens seit der Bush-Administration in ferne Vergangenheit gerückt ist.
Teddy Awards: Verleihung am 17. Feb., 21 Uhr, Haus der Berliner Festspiele, Schaperstr. 24, Berlin