Szene

Kaffee, Kuchen und ein offenes Ohr: 20 Jahre FriKs

31. März 2017

Immer wieder sonntags verwandelt sich der doch recht sachlich-funktionale und wenig anheimelnde Aufenthaltsraum zur Kaffeeklatschrunde. Seit 1990 stehen Woche für Woche auf Station 12 B frische Kuchen auf dem Tisch und es zieht der Duft frischgebrühten Kaffees durch den Flur. Das Café Viktoria ist Treffpunkt für die stationären HIV-und Aidspatienten im Auguste-Viktoria-Klinikum (AVK). Sie finden hier die Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen, aber auch mit den ehrenamtlichen Helferinnen der Berliner Aids-Hilfe (BAH) ins Gespräch zu kommen.

Begründet wurde die Initiative einst von Wanda Vrubliauskaite, der Wirtin der Wilmersdorfer Schwulenbar „Kleine Philharmonie“. Seit nunmehr 20 Jahren wird das Projekt von der BAH-Gruppe „Freunde im Krankenhaus“ fortgeführt. Das Café ist nicht nur eine Institution und Vorbild für andere Einrichtungen in vielen Städten der Welt geworden, sondern für viele Menschen mit HIV sowie deren Angehörige ein wichtiger Ort ihres sozialen Lebens: Sie kommen auch noch lange nach der Krankenhausentlassung regelmäßig zum Sonntagsplausch ins AVK.

Der Cafébetrieb ist allerdings nur ein Teil der Arbeit von „FriKs“, wie die „Freunde im Krankenhaus“ salopp abgekürzt werden. Sie sind auch für jene Patientinnen und Patienten da, die zu krank und zu schwach sind, um die wenigen Schritte von ihren Krankenzimmern ins Café zu schaffen. Denn auch wenn HIV mittlerweile gut behandelbar ist, kommt es dennoch immer wieder zu schweren Erkrankungen – infolge der langjährigen Infektion oder auch weil sie zu spät erst erkannt wurde. Und auch Sterbebegleitung ist eine der Aufgaben der „Freunde“. Es sterben glücklicherweise längst nicht mehr so viele Menschen an den Folgen von Aids wie noch in den 90er Jahren, sagt Marianne David, die seit fast einem Jahrzehnt bei den FriKs aktiv ist. Aber es passiert, und ist für die Helferinnen und Helfer jedes Mal aufs Neue eine intensive, oft auch belastende Erfahrung. „Das Gute ist, dass wir in einem guten Team zusammenarbeiten. „Wir sind also nicht allein und können uns so gegenseitig auffangen“, erzählt sie.

Vieles ist einfacher geworden über die langen Jahre. Von abschätzigen Äußerungen oder hysterischen, durch irrationale Infektionsängste hervorgerufene Reaktionen von Mitpatienten, Krankenhausbesuchern oder Pflegepersonal hat Marianne David zuletzt vor rund fünf Jahren gehört – von einem Patienten, der sich deshalb von Brandenburg nach Berlin hatte verlegen lassen. Heute erleben Marianne David und ihre Dutzend Mitstreiter hingegen immer wieder sehr interessierte Nachfragen und anerkennende Worte von Krankenhausbesuchern, die zufällig am Café vorbeikommen.

Anerkennung und Dankbarkeit erhält das FriKs-Team gleichermaßen auch von den Pflegekräften. „Die Personaldecke in den Krankenhäusern ist mittlerweile so dünn, dass die Krankenschwestern und -pfleger kaum mehr Zeit haben, sich bei einem Patienten einfach mal ans Bett zu setzen, zu reden oder die Hand zu halten“. Und so weist das Pflegepersonal mittlerweile die Fricks-Helfer von sich aus auf jene Patienten hin, „die Besuch gebrauchen könnten“. In den letzten Jahren sind dies zunehmend auch Menschen aus Osteuropa, Afrika oder aus arabischen Staaten. Nicht immer ist es einfach, hier eine gemeinsame Sprache zu finden. Aber oftmals müssen es auch gar nicht viele Worte sein. „Man sieht es an ihren Augen, wie gut es ihnen tut, dass einfach jemand am Bett bei ihnen sitzt und eine halbe Stunde für sie da ist“, sagt Marianne David.

Axel Schock

Die Jubiläumsfeier findet am 2. April, 14 Uhr standesgemäß mit Kaffee und Kuchen in Café Viktoria, (Station 12 B) im Auguste-Viktoria-Klinikum statt, u. a. mit dem ärztlichen AVK-Direktor PD Dr. Keikawus Arastéh und musikalischen Beiträgen von Eric Lee Johnson und Bernard J. Butler.

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