International

Tschetschenien: Tote bei Polizeirazzien gegen Schwule

3. Apr. 2017
© Wikimedia Commons / Panonian / Thomas Pusch

Laut einem Bericht der russischen Zeitung Nowaja Gazeta wurden in den letzten Tagen bei Polizeirazzien in der russischen Teilrepublik Tschetschenien mehr als 100 Männer festgenommen. Mindestens drei von ihnen sollen bei dieser Verfolgungswelle ermordet, etliche der Festgenommen misshandelt worden sein. Möglicherweise liegt die Zahl der Opfer deutlich höher. Im Vorfeld der Razzien wurden soziale Netzwerke ausgewertet, um an die betroffenen Personen heranzukommen. Der Grund für deren Verhaftung sei eine „nicht-traditionelle sexuelle Orientierung“. Die Zeitung beruft sich dabei sowohl auf Aussagen von AktivistInnen als auch auf andere Quellen, darunter der Geheimdienst und das Innenministerium aus der Region. Unter den Festgenommenen sollen sich zwei bekannte TV-Moderatoren und kirchliche Würdenträger befinden. Einige seien „aus Mangel an Beweisen“ wieder freigelassen worden sein und befänden sich jetzt auf der Flucht.

Die Anschuldigungen wurden von der tschetschenischen Regierung mit der Behauptung zurückgewiesen, dass es in der Republik gar keine Homosexuellen geben würde. Laut Nowaja Gazeta sagte der Sprecher, dass wenn es „solche Leute“ in Tschetschenien gäbe, die Sicherheitsorgane keine Sorgen mit ihnen hätten, weil ihre Verwandten sie zu einem Ort schicken würden von dem sie nicht wieder zurückkehren. Damit machte die Regierung deutlich, dass man die Ermordung von Homosexuellen befürworte. Doch auch wenn Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien an der Tagesordnung sind und Homosexuelle in der Region verfolgt werden, hat es solch großangelegten Razzien bisher noch nicht gegeben.

Der LSVD hat Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Bärbel Kofler und den Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses im Bundestag Prof. Dr. Matthias Zimmer in Briefen gebeten, den Meldungen zu diesen brutalen Menschenrechtsverletzungen sofort nachzugehen und gegebenenfalls gegenüber den tschetschenischen Behörden alle Anstrengungen zu unternehmen, um das Leben von Homosexuellen in Tschetschenien zu schützen. Außerdem solle die Bundesregierung gegenüber der russischen Regierung aktiv werden: „Diese muss bei den Machthabern in Grosny (Hauptstadt von Tschetschenien, Anm. d. R.) ebenfalls auf Aufklärung drängen und klarstellen, dass die staatlich organisierte Ermordung und brutale Säuberungsaktionen gegen Homosexuelle gravierende Menschenrechtsverletzungen darstellen, die mit allen Mitteln geahndet und verhindert werden müssen. Auch Tschetschenien hat sich an menschenrechtliche Standards und Verpflichtungen zu halten.“

Volker Beck forderte die Bundesregierung auf „Verfolgten eine Aufnahme nach § 22, 23 AufenthG anzubieten. Die Bundesregierung sollte russische bzw. tschetschenische Menschenrechtsorganisationen kontaktieren und bei der Rettung von Verfolgten helfen und sie ggf. auch finanziell unterstützen."

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