Camp Dad: „Dragkings werden oft nicht so wertgeschätzt wie Dragqueens“

03.06.19 – Wer ist „Camp Dad“ und wie ist er entstanden? Der Charakter Camp Dad ist eine Mischung aus sanftem Vater und extravagantem Dandy. Im Oktober stand er das erste Mal auf der Bühne seiner Dragtante Gieza Poke. Der Name existierte allerdings schon vorher: Vor ein paar Jahren unterhielt ich mich mit einer Dragschwester und sie sagte, ich würde dastehen wie ein Vater in einem Feriencamp. Ich hatte nie eine bessere Beschreibung meiner Ausstrahlung gehört. Ich nannte mich so auf Instagram und bin seitdem als Camp Dad bekannt.
Wie beeinflusst deine eigene Geschlechteridentität deine Kunst? Beides hängt miteinander zusammen. Ich identifiziere mich jetzt schon seit sehr langer Zeit als nicht binär, trans*feminin und queer. Obwohl ich schon immer wusste, dass ich nicht cis bin, hatte ich Schwierigkeiten zu benennen, was genau ich bin. Camp Dad hat mir dabei geholfen – er ist derjenige, der ich dachte zu sein, bevor ich meine Trans*identität fand. Camp Dad ist der Mann, zu dem ich nie herangewachsen bin. Durch ihn zeige ich nicht nur eine übertriebene Boys* Keep Swinging Form meiner Maskulinität, sondern spiele auch mit meiner Femininität.
Was hat dich dazu inspiriert, deine Dragking-Show „Venus Boys“ ins Leben zu rufen? Ich fand es wichtig, eine Bühne zu schaffen, auf der sich vorrangig Femmes, trans* und nicht binäre Performer*innen ausleben können. Dragkings werden oft nicht so sehr wertgeschätzt wie Dragqueens, das gilt besonders für Menschen mit XX-Chromosomen. Während ein King beispielsweise trotz seines Drag-Outfits nicht kostenlos in einen Club kommt, ist das bei Dragqueens nie ein Problem. Die größte Inspiration für „Venus Boys“ war die gleichnamige Doku von Gabriel Baur, in der er verschiedene Künstler*innen aus New York, London und Berlin begleitet, die ihre Erfahrungen mit performativer Maskulinität in ihrer Kunst verarbeiten – manche in Dragking-Performances, manche in Fotografie.
Wer tritt bei „Venus Boys“ auf? Wir sind eine Bühne für mehr als nur Dragkings. Die Show „Venus Boys“ ist für alle Performer*innen, die sich auf künstlerische und spielerische Weise mit Maskulinität auseinandersetzen wollen. Eine Bühne für diejenigen, die Unterdrückung durch unsere patriarchale Gesellschaft erfahren haben. Tendenziell sind viele von uns also trans*, femme oder nicht binär.
An welchen anderen Projekten arbeitest du derzeit? Momentan arbeite ich an einer irren Performance für das „Whole – United Queer Festival“. Letztes Jahr war ich das erste Mal dort, direkt nachdem ich nach Berlin gezogen war – und es war unglaublich inspirierend. Ich freue mich sehr darauf, im Juni dort aufzutreten. Daneben schreibe ich mit meiner geliebten Dragschwester Bleach zusammen an einer Show: Ein Märchen von heterosexueller Begierde zwischen einem König und einer Königin: Die „Camp Dad and Bleach Show“ ... Coming soon ...
Interview: Elliot Zehms
Venus Boys, 03.06., 19:00, Silver Future
silverfuture.net
SIEGESSÄULE präsentiert:
Whole – United Queer Festival, 14.–17.06., Ferropolis
wholefestival.com