Film

„Lose Your Head“ ab 19.9. im Kino

16. Sept. 2013

16.9. – Luis (Fernando Tielve) ist ein spanischer Partytourist auf der Suche nach Abenteuer. Er stolpert wie in Trance von Club zu Club, die Musik wummert, Hände stopfen irgendwelche Pillen in seinen Mund, Luis lässt sich treiben. Bis er an Viktor gerät (Marko Mandic), einen undurchsichtigen, aber charismatischen Typen, der mit ihm wie mit einer Puppe spielt. Elena (Sesede Terziyan), eine weitere Zufallsbekanntschaft, ist auf der Suche nach ihrem Bruder Dimitri, verschollen im Berliner Nachtleben. Dessen Spur führt ausgerechnet zu Viktor. Hat Viktor etwas mit Dimitris Verschwinden zu tun und wird Luis das nächste Opfer werden?

Mit den Filmen „Solange du hier bist“ (2006) und „Detlef – 60 Jahre schwul“ (2012) positionierte sich der Regisseur Stefan Westerwelle als vielversprechendes Talent. Leider erfüllt „Lose Your Head“ diese Erwartungen nicht ganz, denn Westerwelle und Koregisseur wie Drehbuchautor Patrick Schuckmann gelingt es nicht immer, ihre Ambitionen in einen runden und schlüssigen Film umzusetzen. „Lose Your Head“ leistet sich eine lange und handlungsarme Exposition, die ganz auf Atmosphäre setzt. Kurzauftritte von Rummelsnuff, Dieter Rita Scholl und anderen sorgen für Lokalkolorit. Doch die eher impressionistisch gehaltenen Sequenzen liefern wenig Pointiertes, sie bleiben im Klischee stecken. Bilder vom Kater Holzig und der Warschauer Brücke sind für Berlin längst das, was der Eiffelturm für Paris ist – zu Tode strapazierte Chiffren.

Es ist vor allem Mandic, der dem Film das bedrohliche Element verleiht

Im Siegessäule-Interview charakterisiert Stefan Westerwelle „Lose Your Head“ als einen Film, „der nicht so sehr auf die Berlin-Kulisse, sondern mehr auf eine Charakterisierung der Atmosphäre der Stadt setzt.“ Die Klischees daran sind für ihn Teil der „indirekten Charakterisierung der magischen Anziehungs- und Verführungskraft“ von Berlin. Und auch die handelnden Personen des Films werden für ihn zumindest potenziell zu Sinnbildern der Stadt: „Viktor, der mysteriöse leicht abgerockte Typ, der auf der einen Seite charming ist und auf der anderen Seite die dunklen Abgründe mitschwingen lässt, ist ein Bild für Berlin. Und Luis als Bild für die Hoffnung, genau all das in den wenigen Tagen zu erleben, sich verführen zu lassen, unterzugehen, sich zu verlieren – endlich!“

Nach einem plätschernden ersten Drittel nimmt „Lose Your Head“ langsam Fahrt auf, und sobald der Plot sich abzuzeichnen beginnt, funktioniert der Film über weite Strecken, trotz aller Unebenheiten. Das verdankt er nicht zuletzt dem slowenischen Schauspieler Marko Mandic, der es schafft, die Figur des Viktor gleichzeitig attraktiv und abstoßend erscheinen zu lassen. Es ist vor allem Mandic, der dem Film das bedrohliche Element verleiht, und dieser Eindruck prägt selbst die Szenen, in denen er gar nicht zu sehen ist. Doch am Ende verliert „Lose Your Head“ nach allzu vielen Wendungen wieder ziemlich an Orientierung und lässt den Zuschauer irritiert, aber nicht überzeugt zurück. Man ahnt, dass da Potenzial schlummert, wenn auch das Experiment, einen queeren Low-Budget-Thriller im Hier und Jetzt dieser Stadt zu inszenieren, nicht ganz gelungen ist.
Karsten Zang

„Lose Your Head“, Kinostart: 19.9.

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