Mit Merkel in die Homoehe – wie kann es mit der Gleichstellung von Schwulen und Lesben weitergehen?

Deutschland hat gewählt: Die Eheöffnung ist so gut wie sicher. Linke, SPD und Grüne haben zusammen die Mehrheit erreicht. In der gemeinsamen Regierung wird die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben und das Adoptionsrecht kein Problem sein, hatten sich doch alle drei Parteien dafür ausgesprochen. Außerdem: eine Europapolitik, in der nicht nur „deutsch gesprochen wird“ (Kauder, CDU) und keine Seehofersche Herdprämie.
Die Mehrheit der Deutschen hat Rot-Rot-Grün gewählt
Ach nein, geht ja nicht: Grüne und SPD malen den roten Teufel an die Wand und verweigern eine Regierung mit der Linken – obwohl im Land Berlin sehr wohl gezeigt wurde, dass diese Partei regierungsfähig ist. Nochmal: Die Mehrheit der Deutschen hat Rot-Rot-Grün gewählt. Darauf zu hören, dazu fehlt der SPD und den Grünen der Mut.
Also: Es wird eine Unions-dominierte Regierung, tiefschwarz mit etwas rot oder grün. Auf den ersten Blick mag damit der Merkel-Wahlsieg die Hoffnung auf eine völlige Gleichstellung von Schwulen und Lesben deutlich beendet haben: Wehrten sich doch die Parteigranden wie Erika Steinbach und Katherina Reiche in den vergangenen Monaten gegen die gefürchtete Homo-Invasion wie sonst nur gegen Ausländer auf deutschen Straßen („Pkw-Maut für Ausländer“) und gierige Mindestlohn-ArbeitnehmerInnen.
Aber: Wunder gibt es immer wieder, und wer hätte an das Wunder geglaubt, dass eine CDU-geführte Regierung den Atomausstieg oder die Abschaffung der Wehrpflicht vollführt? Beides konnte Merkel ihren AnhängerInnen als Sachzwang verkaufen. Bei der Homo-Ehe könnte es nun ähnlich kommen und die Grünen haben sich in dieser Frage sehr deutlich festgelegt. Würden sie einer Merkel-Koalition ohne Gleichstellung der Schwulen und Lesben zustimmen, würden sie einen Glaubwürdigkeitsverlust wie die FDP mit ihrer Möwenpicksteuer erleiden – der sie in vier Jahren aus der Regierung kegeln würde wie jetzt die FDP.
Als wahrscheinlicher gilt momentan die Koalition aus SPD und Union. Und da besteht mehr Grund zur Sorge, dass die Gleichstellung im Koalitionspoker geopfert wird. Dass die SPD sich in dieser Frage nicht auf die Hinterbeine stellen mag, hat sie gerade in den Berliner Haushaltsverhandlungen bewiesen: Hier entschied sie gegen den Koalitionsvertrag und stimmte mit der CDU gegen LSBTI-Aufklärungsprojekte an Schulen.
Falls Merkel KoalitionspartnerInnen findet, die ihr das Thema Gleichstellung opfern – bleibt noch Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat angekündigt, dass in der Gleichstellung noch einige interessante Entscheidungen zu erwarten sind. Es besteht also überhaupt keinen Grund, das Thema Gleichstellung für die nächsten vier Jahre aufzugeben.
Christian Mentz
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