Genug Blut ist vergossen, nicht nur das ihres Sohnes – findet die Respektpreisträgerin Elżbieta Szczęsna

„Als mein Sohn eines Tages nach Hause kam und blutverschmiert vor mir stand, dachte ich, dieser Sache muss ich jetzt ein Ende setzen.“ Das war die Reaktion von Elżbieta Szczęsna, der polnischen Menschenrechtsaktivistin, auf die homophobe Gewalt gegen ihr Kind. Konsequent gründete sie die Initiative „Akceptacja“ (Akzeptanz) – deren einziges Mitglied sie über fünf Jahre blieb. Mittlerweile haben sich mehr Menschen angeschlossen. Der Verein von Familien und Freunden homo-, bi- und transsexueller Menschen kämpft für Gleichberechtigung und versucht mit Aufklärung die polnische Gesellschaft zu verändern. Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist auch die Beratung von Eltern. Für ihr Engagement ist die Gründerin Elżbieta Szczęsna am 2.12.13 mit dem Respektpreis ausgezeichnet worden, der jedes Jahr vom Bündnis gegen Homophobie (LSVD) vergeben wird.
„Es ist die Homophobie, die unsere Familien zerstört“
Die weiteren Nominierten: die französische Justizministerin Christiane Taubira, die maßgeblich an der Durchsetzung der Homo-Ehe in Frankreich beteiligt war; Günter Morsch, Historiker und Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, für sein Engagement für homosexuelle KZ-Häftlinge und deren Anerkennung als Opfer des NS-Regimes. Der evangelische Pfarrer Bertold Höcker, der regelmäßig Gottesdienste – auch beim CSD – für Schwule, Lesben und Transgender anbietet, war der dritte „Konkurrent“.
Spürbar bewegt und stolz über die Auszeichnung, sagte die 67-Jährige in ihrer Dankesrede: „Wir, die zur heterosexuellen Mehrheit gehören, wollen Solidarität mit denjenigen zeigen, die für ihre Liebe diskriminiert werden“. Und weiter: Nicht die Homo-Ehe, Schwule, Lesben und Transgender seien verantwortlich für den Niedergang des Familienbildes. „Es ist die Homophobie, die unsere Familien zerstört, es sind die Väter, die sich vor ihren schwulen Söhnen ekeln.“ Deutliche Worte aus dem Mund der engagierten Mutter.
Homophobie, oft im Verbund mit tätlichen Übergriffen ist nicht nur in Warschau, sondern auch in der Partnerstadt Berlin leider immer wieder ein Thema. Auch Polizeipräsident Klaus Kandt wies in seinem Gewalt-Report darauf hin. 90 gemeldete Fälle waren es 2012, dieses Jahr wird die Statistik wohl ähnlich ausfallen, doch die Dunkelziffer ist bekanntermaßen sehr hoch. Deshalb ermutigte Kandt Menschen, die Opfer eines homophoben Überfalls werden oder waren, sich an die Polizei zu wenden.
Frank Hermann