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Von des Zaren Gnaden – Putin öffnet die Kerkertore

23. Dez. 2013
Maria Aljochina nach ihrer Freilassung (c) dpa picture alliance

Putin lässt Pussy Riot frei und noch einige mehr? Halleluja, was für ein Weihnachtsgeschenk! Danke dem milden Herrscher für seine unendliche Güte – pünktlich zu Weihnachten lässt er das Herz von Mütterchen Russland aufseufzen, Nadeschda Tolokonnikowa ist frei, auch Maria Aljochina darf zurück zu ihrem Kindlein. Hach, was ist das schön!

Ein Glück, dass der Zar gerade so gut aufgelegt ist, was ihm wohl bei schlechter Laune eingefallen wäre?

Ein Glück, dass der Zar gerade so gut aufgelegt ist, was ihm wohl bei schlechter Laune eingefallen wäre? Vielleicht liegt es ja daran, dass er mit Edward Snowden in seiner Gewalt als edler Beschützer der Verfolgten dasteht und die Ukraine mit Bestechung und Bedrohung weiterhin in Schach halten kann. Wenn man so einen Run hat, kann man auch mal Geschenke verteilen.


Amnestie, das ist der willkürliche Straferlass von juristisch schuldig Gesprochenen. Im Unterschied zur Begnadigung wird dabei das Urteil allerdings nicht aufgehoben, die Verurteilten nicht entschuldet. Verurteilt waren die Frauen wegen Rowdytums zu zwei Jahren Lagerhaft. Weil sie in einer Kirche ein kleines putinkritisches Konzert gegeben hatten, unangemeldet und kirchenmusikalisch eher modern orientiert.

Aljochina wollte das Gefängnis gar nicht verlassen, sagt sie, denn die Freilassung sei „ein PR-Coup Putins“. Richtig, und zwar gar kein schlechter. Putin erscheint als großzügig und vergebend. Auch der Oligarch (griech. „Herrscher“) Michail Chodorkowski, der sich in seiner Haft etwas zweifelhaft zum globalen Symbol Putinscher Unrechtsmäßigkeit stilisierte, ist frei. Da bleibt einem erst einmal die Spucke weg vor lauter Nettigkeit, mit einem Handstreich scheint Putin seine KritikerInnen an der Nase herumzuführen. Und das auch noch pünktlich einige Wochen vor Sotchi.


Hierzulande gilt es nun, auf Putins Willkürjustiz mit offener Asylpolitik zu antworten


Doch eigentlich unterstreicht das Weihnachtswunder von Moskau nur eines: Russland hat keine unabhängige Justiz, alles ist abhängig von des Zaren Gnaden und seinen Schergen. Wie man hört, sitzen viele Schwule und Lesben in Russland auf gepackten Koffern, seit in der EU Verfolgung aufgrund von Homosexualität als Asylgrund gilt.


Hierzulande gilt es nun, nicht auf Gnade oder Wunder zu warten, sondern klar einzufordern, dass die Bundesrepublik Putins Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ als ein Unrechtsgesetz erkennt. Und somit die Schwulen, Lesben und Trans* aus Russland ohne Wenn und Aber willkommen heißt. Wenn in Deutschland die große Koalition schon nicht gleiche Rechte für Schwule und Lesben schafft, dann soll sie wenigstens Verfolgten aus Unrechtsstaaten Schutz bieten. Das ist eine Aufgabe für den neuen Bundesinnenminister Thomas de Maizière.
Christian Mentz

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