Verhaftungen in Russland und Demonstrationen in Berlin
Wie verschiedene internationale Medien melden, ist es gestern etwa zeitgleich zu der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Sotschi zu Verhaftungen von LSBTI-DemonstrantInnen in Moskau gekommen. Etwa 15 DemonstrantInnen wurden inhaftiert, einer der Frauen soll beim Fesseln die Hand gebrochen worden sein. Unterdessen wurden die Personen wieder freigelassen. Eine der Frauen, Anastasia Smirnova, meldet auf Facebook, sie seien nun der Teilnahme an einer illegalen Versammlung beschuldigt. Heute sollen sie vor Gericht angehört werden.
Protest auch in Berlin: Gegen 16.30 Uhr versammelten sich etwa 250 DemonstrantInnen vor dem Brandenburger Tor, aufgerufen hatte die LSVD-Kampagne „Gay Folks Movement“. VertreterInnen verschiedener Parteien und Initiativen nahmen teil. Michael Kauch (FDP) kritisierte den Bundesentwicklungsminister Gerd Müller, dieser würde international an menschenrechtlichen Missständen, etwa auch in Nigeria, zu wenig Interesse zeigen.

Demo am Brandenburger Tor (c) cm
Um 17.14 Uhr folgte eine Schweigeminute vor der wenige hundert Meter entfernten russischen Botschaft. Die DemonstrantInnen zogen dann gemeinsam weiter Richtung Potsdamer Platz, wo gegen 18 Uhr die Rainbow Flame der Gruppe „Enough is Enough“ entzündet wurde. Es hatte vor den Kundgebungen einige Diskussion darüber gegeben, warum fast zeitgleich zwei Demos zum gleichen Thema stattfinden, anstelle gemeinsam Flagge und Solidarität zu zeigen. Indem die DemonstrantInnen von der Botschaft aus weiter zum Potsdamer Platz zogen und man dort mit dem Zünden der Rainbow-Flame auf sie wartete, zeigte sich: Es geht in Berlin auch gemeinsam, ganz ohne Verlust jeglicher Zacken irgendwelcher Kronen. Nachdem die Flamme gezündet war, kritisierte Alfonso Pantisano von „Enough is Enough“ in seiner Rede scharf den IOC (International Olympic Committee), hier ein Auszug:
„Gestern noch hat Kosak, der russische Vizeregierungschef versichert, niemand werde diskriminiert. Aber Homosexuelle müssten ihre Hände von Kindern lassen. Liebes IOC: Wollen sie das nicht verstehen oder können sie das nicht verstehen? Genau das ist die Diskriminierung! (…) Wer eine solche Erklärung durchgehen lässt, egal, ob als Sport-Funktionär, als Politiker oder als Kirchenmann, wer hier nicht klipp und klar sagt, was eine solche Erklärung eigentlich ist, nämlich nicht die Verhinderung der Diffamierung, sondern im Gegenteil ihre Begründung (...) der ist Teil dieser Diffamierung.“

Fast vollständig: Das Team von Enough is Enough (c) cm
Anschließend sangen Romy Haag, Shon Abram, Stefan Kuschner und Wilhelmine Schneider den Sotschi-Song „Love is not for Propaganda“. Gute Stimmen, gutes Stimmungsbild und ein gut gemischtes Publikum – eines der vielen anwesenden Kinder, das entgegen Kosaks Warnungen in Ruhe gelassen wurde, fragt die Mutter: „Ist das eine Rasselbande?“ Könnte man so sagen, ja, und sie hat aus voller Kehle mitgesungen.
Die Rainbow-Flame soll bis zum Ende der Olympische Winterspiele am 23. Februar durchgehend brennen – gesucht werden daher noch Freiwillige, die stundenweise die „Bewachung“ der Flamme übernehmen. Nachts wird zusätzlich ein Security-Team anwesend sein. Es haben sich schon sehr viele BerlinerInnen angemeldet – einige Lücken gibt es aber noch: Anmelden kann man sich hier!
Christian Mentz
Bildergalerie Demo Brandenburger Tor und Russische Botschaft