Berlinale

Teddy Awards 2014 in der Komischen Oper

16. Feb. 2014
Foto: Brigitte Dummer

Eines der Highlights im queeren Filmjahr ist neben den zahlreichen Festivals im ganzen Land die Verleihung der Teddy-Awards während der Berlinale. Nach dem Postfuhramt und der Halle des ehemaligen Flughafen Tempelhof gab es dieses Jahr eine Location-Premiere. Zum ersten Mal fand die Gala in der Komischen Oper statt. Schnörkeliges Ambiente, schnieke Logen - schöne oder zumindest wichtige Menschen tummelten sich dort und feierten.

Jochen Schropp moderierte zum dritten Mal den Abend, ohne Schnörkel, dafür mit gutem Timing. Im Rahmenprogramm traten Sven Ratzke mit Ausschnitten aus dem Musical „Hedwig and the Angy Inch“ auf, zudem die Künstler der Artistenschmiede Base Berlin. Dagmar Manzel, fast  so etwas wie die Hausherrin der Komischen Oper, brachte zwei Chansons aus ihrem Friedrich-Holländer-Programm. Einfach schön! Musikalische Protestadressen an Russland gab es von der Sopranistin Jessica Gadani, die Georg Kreislers zynisches, kluges „Meine Freiheit deine Freiheit“ vortrug und von dem Bariton Günter Papendell, der vor Bildern aus Sergei Eisensteins Filmen Tschaikowski sang. Das Werk des Komponisten zählt genauso wie das des Regisseurs Sergei Eisenstein zum russischen Kulturgut – nur soll nie deren Homosexualität erwähnt werden … Eine sinnvolle Inszenierung. Die Würdigung von Dusty Springfield – sie wäre dieses Jahr 75 geworden – als Popstar, die sich gegen Apartheid engagiert und ihre Bisexualität öffentlich ausgesprochen hätte, lag mit „Son of a Preacherman“ wieder bei Sven Ratzke, wirkte aber irgendwie unmotiviert.


Zwei Aktivisten aus der Schweiz in „Der Kreis“

Erste Standing Ovations gab es für den besten Essay-/Dokumentarfilm: „Der Kreis“ von Stefan Haupt über de schweizerischen Emanzipationsgruppe und gleichnamige Schwulenzeitschrift. Zwei der Mitstreiter, die heute noch Aktivisten sind, berichten in dem Film, der große Teile ihrer bad 60jährigen gemeinsamen Lebensgeschichte zeigt, waren vorort und wurden gefeiert: Röbi Rapp und Ernst Ostertag, beide 1930 geboren!

Bester Spielfilm wurde „Hoje eu quero voltar sozinho“ aus Brasilien. Es ist die Geschichte eines blinden Jungen, der sich in einen Sehenden verliebt. Der Regisseur Daniel Ribeiro hatte bereits 2007 für seinen Kurzfilm You, Me and Him / Café com Leite“ einige Preise bekommen, unter anderen den Gläsernen Bären der Berlinale. Ein Special Jury Award ging an Bruce LaBruce für seinen expressionistischen Schwarz-Weiß-Film „Pierrot Lunaire“.  Bester Kurzfilm wurde „Mondial“ aus dem Libanon, Regisseur: Roy Dib.

Special Teddy Awards bekamen die Kamerafrau und Regisseurin Elfi Mikesch und Filmemacher Rosa von Praunheim, der krankheitsbedingt nicht anwesend war. Beide seien, sagte Mikesch, einander seit Jahrzehnten freundschaftlich und beruflich sehr verbunden. Großer Jubel im Saal, vor allem für Rosa aufgrund seines filmischen aber auch gesellschaftlichen Schaffens als Provokateur und Aktivist.

Der David Kato Vision & Voice Award wurde die 75jährige Transgender-Aktivistin Sou Sotheavy geehrt. Sie setzt sich in Kambodscha seit Jahren für LBGTI-Rechte ein und wird das nach eigenem Bekunden bis an ihr Lebensende tun. Chapeau! Eine wahre Woge der Sympathie schlug ihr entgegen.

Abschließend bleibt die Frage: Wo waren die Frauen beim Filmfestival? Es gab keine lesbischen Produktionen oder gar relevante Handlungsstränge weder im Wettbewerb noch in Sektionen wie Panorama oder Forum. Das sollte sich ändern bis zur Berlinale 2015!

Frank Hermann

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