Drogenkonsum

Neues Modellprojekt „Drug Checking“ richtet sich auch an User von Chemsex-Drogen

4. Dez. 2019
Bild: JackieBaier
© jackielynn

04.12.19 – Die rot-rot-grüne Landesregierung kündigte für 2020 den Start eines Drug-Checking-Modellprojekts an, das es Konsumierenden erlauben soll, ihre Substanzen auf Reinheit und Dosierung prüfen zu lassen. Es ist Teil eines von der Regierung im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmenpakets zur „Verminderung der Begleitrisiken von Drogenkonsum“. Damit wird ein Drogen-akzeptierender Ansatz verfolgt, der das Gesundheitsrisiko beim Konsum so gering wie möglich zu halten versucht.

Am 3.12. wurde das Drug-Checking-Projekt im Rahmen einer offenen Veranstaltung in der RAW-Bar Crack Bellmer erstmals vorgestellt. Zur Podiumsdiskussion waren Projektkoordinator und Pharmazeut Tibor Harrach, Vertreter der Clubcommission Berlin, eine Sprecherin der Suchtberatungsstelle Vista und Vertreter der Linksfraktion Berlin eingeladen. Tibor Harrach erläuterte unter anderem, wie das Drug-Checking ab 2020 in der Praxis ablaufen wird: Bei bestimmten Stellen (Homepage mit Orteverzeichnis derzeit in Arbeit) unter der Trägerschaft von Vista, Fixpunkt und der Schwulenberatung können volljährige Konsument*innen aus allen Teilen Deutschlands gekaufte Drogen abgeben, die dann binnen weniger Tage im Labor auf ihre Inhaltsstoffe überprüft werden. Da zum Beispiel bei Ecstasy-Pillen die Wirkstoffdosierung häufig stark variiert, kann so einer Überdosierung vorgebeugt werden.

„Als Probe reicht im Normalfall schon eine sehr kleine Menge von nur 20 Milligramm“, erklärt Tibor weiter. Das Checking ist kostenlos und es können pro Person bis zu drei Proben gleichzeitig abgegeben werden. Die Ergebnisse kann man im Nachhinein persönlich oder telefonisch erfragen.

Man habe sich für ein stationäres Drug-Checking entschieden, um mehr Konsumgruppen zu erreichen – so zum Beispiel auch diejenigen, die nicht im Club-Setting, sondern privat konsumierten. Zu einer dieser Zielgruppen gehören auch schwule User, die Chemsex betreiben, so Tibor Harrach: „Beim Chemsex herrscht ein erhöhtes Konsumrisiko, weil oft Substanzen im Spiel sind, die intravenös konsumiert werden. Da Chemsex aber vorrangig im Privaten stattfindet, sind die Praktizierenden schwieriger zu erreichen.“

Lutz Leichsenring von der Clubcommission Berlin hingegen sieht die Immobilität als größten Nachteil des jungen Projekts: „Mit stationärem Drug-Checking können nicht die 10.000 Clubgänger*innen abgedeckt werden, die jedes Wochenende in Berlin unterwegs sind und spontan Partydrogen konsumieren. Der nächste Schritt ist deshalb für mich ganz klar ein mobiles Checking vor Ort, bei dem man die Ergebnisse umgehend erfährt.“

Die erste Phase des Projekts ist auf zwei Jahre angelegt. Ob man in einer zweiten Phase ein mobiles Drug-Checking einleiten wird, werde die Evaluierung zeigen, so Niklas Schrader von der Linksfraktion Berlin. Das jetzige Modell sei vor allem darauf ausgelegt, erste Erfahrungen mit Drug-Checking zu sammeln. Verfeinerungen – wie beispielsweise die Möglichkeit, die eigenen Labor-Ergebnisse auch online auf der Projekt-Homepage abfragen zu können – seien für später geplant.

Elliot Zehms

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