Berlin

Film im Homo-Denkmal zeigt dänischen Nationalisten

9. Jan. 2017
Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Tiergarten: der innerhalb des Denkmals laufende Film zeigt zwei sich küssende Männer und wurde 2008 produziert. Einer von ihnen ist Jim Lyngvild (links), der inzwischen durch rassistische und sexistische Äußerungen auffällig geworden sein soll

Zufällig enthüllt: Das Video im Homo-Denkmal, in dem sich zwei Männer küssen, zeigt einen dänischen Nationalisten, der sich mehrfach in der Öffentlichkeit rassistisch, sexistisch und homophob geäußert haben soll

In der vergangene Woche erreichte uns folgender Hinweis eines dänischen Touristen, der kurz zuvor das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Berlin besucht hatte: Bei einem der küssenden Männer, die seit 2008 in einem Video im Monument gezeigt werden, handelt es sich wohl um den schwulen dänischen Designer Jim Lyngvild, der in Dänemark als Medienpersönlichkeit bereits mehrfach durch rassistische, sexistische und homophobe Äußerungen auffällig wurde. Unter anderem engagiert er sich auch für die rechtspopulistische Partei „Dansk Folkeparti“, die mit homophoben Aussagen Stimmung gegen Homosexuelle macht. Als er dafür kritisiert wurde, äußerte er sich in einem 2015 veröffentlichten Video wie folgt: „Ich mag auch keine Homosexuellen. Ich mag es nicht, wenn sie sagen: ,Schaut mich an, ich bin homosexuell, ihr müsst mich respektieren.‘“ Jim Lyngvild war bereits 2013 wegen homophober Äußerungen als Gastgeber der Aftershow des Copenhagen Pride gefeuert worden. Die Verantwortlichen der Pride-Veranstaltung schrieben in einer Stellungnahme zu den im Video gemachten Äußerungen: „Wir sind der Meinung, dass alle Menschen von Grund auf Respekt verdienen und respektiert werden sollten als die, die sie sind.“ *

Zum Zeitpunkt der Entstehung des Films vor circa zehn Jahren war Lyngvild allerdings noch nicht mit seiner nationalistischen Überzeugung in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten. Der Film wurde durch eine dänische Filmproduktionsfirma und Castingagentur angefertigt, Lyngvild lediglich als Schauspieler gebucht. Bewusst entscheid sich das für das Denkmal verantwortliche Künstlerduo Elmgreen & Dragset damals für Schauspieler aus dem Ausland, um einen Wiedererkennungseffekt in Deutschland möglichst auszuschließen. Auf Anfrage der SIEGESSÄULE konnte das Künstlerduo nach einem Gespräch mit der Filmproduktionsfirma die Vermutung bestätigen, dass es sich bei der links abgebildeten Person (siehe Foto) im Mahnmal-Film tatsächlich um Jim Lyngvild handelt. In einem Telefongespräch brachte Ingar Dragset zum Ausdruck, dass beide Künstler geschockt von dieser Enthüllung seien, und sich deutlich von den Äußerungen und Positionen Lyngvilds distanzieren würden.

Vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung des Mahnmals als Gedenkstätte für Opfer von Nationalismus und Faschismus ist es spätestens jetzt also höchste Zeit, dass öffentlich über eine Erneuerung beziehungsweise einen Austausch des Films diskutiert wird. Ursprünglich sah das Konzept der Künstler ohnehin eine Erneuerung des Films alle zwei Jahre vor. Nur einmal wurde der Film ersetzt, aufgrund des unbefriedigenden Ergebnisses allerdings zügig wieder gegen den ursprünglichen Film ausgetauscht. Wir tragen gerade weitere Informationen zusammen, führen Interviews mit Verantwortlichen, holen Statements u. a. von dänischen LGBTI-Organisationen ein und halten euch über die Entwicklungen auf dem Laufenden. Ein längere Text erscheint in der kommenden Ausgabe der SIEGESSÄULE, die am 27. Januar veröffentlicht wird.

* Dieser Absatz wurde am 11.01., um 17:30, geändert. In der ursprünglichen Fassung des Textes stand, dass Jim Lyngvild wegen seiner Äußerungen in dem angesprochenen Video als Host der Aftershow des Copenhagen Pride gefeuert wurde. Dies ist nicht zutreffend: Diese Aufgabe wurde Lyngvild schon zu einem früheren Zeitpunkt wegen ähnlicher Aussagen entzogen.


Wer ist Jim Lyngvild? Ein Portrait des Rechtspopulisten

Interview mit Elmgreen und Dragset

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