35 Jahre Quälgeist: sicherer Fetisch- und BDSM-Spielort
Einer der ältesten queeren BDSM-Läden Berlins feiert dieses Jahr Jubiläum: 1989 wurde der Verein Quälgeist Berlin gegründet, der seitdem regelmäßig Playpartys, Workshops und Beratungen anbietet. Angefangen als vorwiegend schwule Location hat sich das Quälgeist über die Jahre für weitere Geschlechter und sexuelle Orientierungen geöffnet. Wir sprachen mit Vorstandsmitglied Alexander Schmitt
Wie hat sich die BDSM- und Fetischszene in den letzten 35 Jahren verändert? Es fand eine große Diversifizierung statt. Vor 35 Jahren haben wir eher cis Männer angesprochen – den klassischen Ledermann. Das ist nun nur noch ein kleiner Teil einer sehr diversen Szene. Es gibt nicht nur Ledermänner, sondern Personen jeglichen Geschlechts, jeglicher Identität und mit den verschiedensten Fetischen. Und dann ist da das jüngere Publikum, das sich mit ganz anderen Kinks und Fetischen beschäftigt.
„Auch innerhalb der Community wird zum Beispiel die Frage gestellt, ob BDSM und Fetisch beim CSD einen Platz haben sollten. Diese Frage ist in sich schon diskriminierend.“
Hat sich die Akzeptanz der Gesellschaft gegenüber BDSM verändert? Wenn sie sich verändert hat, dann im Moment eher zum Schlechten. Auch innerhalb der Community wird zum Beispiel die Frage gestellt, ob BDSM und Fetisch beim CSD einen Platz haben sollten: „Warum müssen die beim CSD mit einer Hundemaske, in Leder oder Gummi herumlaufen?“ Diese Frage ist in sich schon diskriminierend. Nach der sexuellen Freiheit haben wir jetzt eine Zeit, die wieder prüder wird.
Wie sieht eure Altersspanne aus? Wir haben Mitglieder von 18 Jahren bis über 70. Es gibt Veranstaltungen für die Jüngeren, zu denen Ältere nicht kommen, um einen Schutzraum zu bieten, das wird respektiert. Wir haben aber auch die Bondage-Night für Männer. Dort ist der 65-Jährige genauso wie der 20-Jährige anzutreffen
Ihr tragt auch, wenn gewünscht, gehbehinderte Menschen in den ersten Stock. Wird das Angebot angenommen? Wir haben ein paar Stammgäste, von diesen wird es angenommen. Wir planen aber einen Außenaufzug zu installieren, um nächstes Jahr einen barrierefreien Zugang zu haben.
Was bietet ihr neben Events noch an? Wir machen Beratungen im Fetisch- und BDSM-Umfeld. Das Angebot heißt „Mit uns darüber reden“. Ich würde mir wünschen, dass es stärker angenommen wird. Denn wir würden gern in der queeren Community mehr über BDSM und Fetische beraten. Was gut läuft, sind die praktischen Kurse, wie zum Beispiel die Bondage-Workshops.
Wie steht ihr zu Substanzkonsum? Bei uns gibt es die strikte Politik, dass kein Drogenkonsum stattfindet. Wir klären darüber auf, dass man unter Cannabis bestimmte Praktiken nicht machen sollte, da man sie nicht sicher durchführen kann, wenn man nicht bei vollem Verstand ist. Genau wie beim Alkohol. Man sollte eine Session nicht betrunken spielen, weder als Top noch als Sub. Drogen jeglicher Art und BDSM-Spiele, ob aktiv oder passiv, vertragen sich nicht.
Gibt es Fetische, die selbst bei euch keinen Platz finden? Ja, es gibt eine Szene mit militärischer Kleidung, die gegen unsere Verfassung verstößt.
Was müssen BDSM-Neulinge wissen, die zu euch kommen wollen? Die Sonntagsberatung ist der beste erste Schritt. Du kommst in die Räume, wenn kein Betrieb ist. Du musst keine Bedenken haben, ob irgendwelche Personen etwas von dir wollen. Danach kann man sich an eine kleinere Veranstaltung wagen, die sich gut mit den eigenen Vorlieben deckt. Und an der Kasse solltest du auch sagen, dass du zum ersten Mal da bist.
Wie nehmt ihr neuen Besucher*innen die Unsicherheit? Wir arbeiten bei bestimmten Veranstaltungen, die sich an Jüngere richten, mit „Buddys“. Das sind Personen, die sich um die Gäste kümmern, die noch nie da waren. Wir erläutern Hausordnung und Safewords, zeigen, wo das Sicherheitswerkzeug liegt und die Kondome ...
„Dass wir als sicherer Fetisch- und BDSM-Spielort in der queeren Szene wahrgenommen werden. Ein tabuloses Umfeld, wo du sein kannst, wie du möchtest.“
Was wünscht ihr euch für die Zukunft? Dass wir als sicherer Fetisch- und BDSM-Spielort in der queeren Szene wahrgenommen werden. Dass wir unsere selbst gewählte Mission erfüllen können, allen Personen ein sicheres Spielumfeld zu bieten. Ein tabuloses Umfeld, wo du sein kannst, wie du möchtest, und wo du deine Fantasien – natürlich immer im gegenseitigen Einverständnis – ausleben kannst, ohne innere Zensur.
Quälgeist Berlin e. V.
quaelgeist.sm
Jubiläumswochenende
verschiedene Events: Workshops, Lesungen, Diskussionsrunden und Party
18.–20.10.
Folge uns auf Instagram
#Jubiläum#Playparty#Quälgeist#Workshops#BDSM#Fetisch#Sex