Ausstellung im nGbk

„Activist Choreographies of Care“ – Queere Kunst aus Ghana

19. Mai 2025 Carsten Bauhaus
Bild: perfocraze International Artist Residency
Va-Bene Elikem Fiatsi, Fotokollaboration zwischen Va-Bene (crazinisT artisT) und Ashe Gardner

„Activist Choreographies of Care“ in der nGbK eröffnet einen Satellitenraum der perfocraZe International Artist Residency (pIAR) aus Kumasi (Ghana) in Berlin und dokumentiert eindrucksvoll die kreative Kraft, die die queere afrikanische Community trotz aller Widrigkeiten entfaltet

Man betritt die Ausstellung durch eine Art Geburtskanal: pIAR-Gründerin Va-Bene Elikem Fiatsi hat aus femininer Kleidung, die sie seit ihrer Transition sammelt, einen Tunnel gestaltet. Gleich hinter dem „Monument of Second Skin“ ist die Fotoinstallation „Ritual of Becoming“ zu sehen, in der VaBene ihre täglichen Reinigungsrituale, ihr Ankleiden und das Auftragen von Make-up dokumentiert. Va-Bene auch bekannt als crazinisT artisT, multidisziplinäre „Kunstaktivistin“, Performerin, Kuratorin, Philanthropin und Mentorin ist der Genius der Ausstellung, das Zentrum, um das sich die ausgestellten Werke satellitenartig drehen.

„Die Ausstellung ist eine Art, neue Formen von Solidarität herzustellen, indem wir unser Residency-Programm von Ghana nach Berlin bringen“, erklärt Va-Bene der SIEGESSÄULE. Das pIAR in Kumasi ist ein selbst organisierter Safer Space für die ghanaische LGBTIQ*-Community. Das Projekt begann 2016, als Va-Bene beschloss, ihr erstes Honorar, das sie für eine Performance in Europa erhielt, in die Verwirklichung eines lang gehegten Traums zu investieren: in einen Ort für eine queere Community und queere Künstler*innen, einen Ort, „um in Gemeinschaft Heilung zu finden“, wie sie sagt. „Unsere Queerness beschränkt sich nicht auf Gender oder Sexualität, unsere Queerness ist die Art, wie unsere Kultur funktioniert, wie wir trinken, wie wir gehen, wie wir arbeiten, wie wir uns gegenseitig unterstützen: All das ist queer.“ Bis heute finanziert sie pIAR ausschließlich aus ihren privaten Einnahmen – trotzdem erweitert sie das Angebot dort ständig. Alles begann mit dem Residency-Programm für lokale queere Künstler*innen, deren Werke die Berliner Ausstellung nun bereichern.

Widerstand für zu Hause

Ein weiterer Baustein des pIAR ist heute das Love fEAST, auf dem das pIAR jedes Jahr im Januar Hunderte queere und heterosexuelle Personen bewirtet. „Ich möchte die Kluft zwischen den queeren und nicht queeren Communitys überbrücken. Bei uns queer zu sein bedeutet leider oft die Verbindung zu den Eltern zu verlieren“, erzählt Va-Bene. „Es ist, wie wenn Küken von der Henne getrennt werden – und dann zum Opfer des Fuchses werden. In einer christlich dominierten Kultur werden wir als dämonisch und böse angesehen oder sogar als pädophil. Das Love fEAST soll zeigen, dass wir wie alle anderen sind.“ 2023 gründete Va-Bene das Trans African Ambassadors Network (TAAN), das für Trans*rechte in ganz Afrika kämpft. „Es geht darum, gemeinsam zu erforschen, wie in der indigenen Kultur trans* identifiziert wurde – vor der Kolonisierung und der christlichen Missionierung“, erklärt Va-Bene.

„Homo- und Transphobie sind Importe aus Europa und Amerika.“

„Homo- und Transphobie sind Importe aus Europa und Amerika.“ Der in der Ausstellung gezeigte Film „Home is Resistance“ dokumentiert eindrucksvoll die vielseitigen Formen der kreativen gemeinschaftlichen Resilienz, die im pIAR gelebt werden. Aktuell aber hängt ein neues Gesetz wie ein Damoklesschwert über dem Projekt: Das „Gesetz über menschliche sexuelle Rechte und ghanaische Familienwerte“, das im Februar 2024 vom Parlament verabschiedet wurde, kriminalisiert unter anderem die Identifizierung als LGBTIQ* „Nicht nur Queers selbst können im Gefängnis landen, sondern auch Vermieter oder Eltern von Queers, die diese nicht bei der Polizei melden“, klagt Va-Bene. Noch ist das Gesetz nicht unterzeichnet und umgesetzt. „Aber allein schon die Diskussion darüber hat eine Bestie freigelassen: Viele fühlen sich jetzt berechtigt, uns zu misshandeln, zu verfolgen und zusammenzuschlagen“, so Va-Bene. „Unsere Nachbarn haben schon die Polizei gerufen. Sie wollen nicht, dass wir da sind. Sie bedrohen auch meinen Vermieter, verlangen, dass er uns herausschmeißt. Wir leben auf einer tickenden Zeitbombe.

Activist Choreographies of Care: Gruppenausstellung,
noch bis 01. Juni,
Di–So 12:00–18:00,
Fr 12:00-20:00,
nGbk am Alex, Karl-Liebknecht-Str. 11/13, Mitte

Finissage:
01. Juni, 15:00

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